Wilfried Dietrich (* 14. Oktober 1933 in Schifferstadt; † 2. Juni 1992 in Durbanville, Südafrika) war ein deutscher Ringer.
Leben
Wilfried Dietrich gewann in seiner Laufbahn zwischen 1951 und 1977 insgesamt 30 Deutsche Meisterschaften (Einzeltitel und Mannschaftstitel mit dem VfK Schifferstadt sowie Mainz 88). Der Höhepunkt seiner Laufbahn war jedoch der Olympiasieg im freien Stil 1960 in Rom - eine Leistung, die er im darauf folgenden Jahr mit dem Gewinn des Weltmeistertitels in Yokohama bestätigte. Weitere Olympiamedaillen gewann er 1956 in Melbourne (Silber im griechisch-römischen Stil), 1960 in Rom (Silber im griechisch-römischen Stil), 1964 in Tokio (Bronze im griechisch-römischen Stil) und 1968 in Mexiko-Stadt (Bronze im Freistil). Bei seinen letzten Olympischen Spielen 1972 in München landete er zwar noch einen Schultersieg gegen den amerikanischen 182-kg-Koloss[1] Chris Taylor, blieb jedoch ohne Medaille. 1977 beendete der „Kran von Schifferstadt“ seine aktive Laufbahn.
Man darf Dietrich zweifellos als ein Jahrhunderttalent bezeichnen. Denn es gelang nur wenigen Ringern, in beiden Stilarten dieses Sportes olympisches Edelmetall zu „erringen“. Außerdem war Wilfried Dietrich auch Medaillengewinner bei deutschen Meisterschaften im Gewichtheben.
Wilfried Dietrich hat immer in der höchsten Gewichtsklasse gerungen. Diese begann zu Beginn seiner Karriere bei 87 kg Körpergewicht, 1962 aufgrund einer neuen Gewichtsklasseneinteilung durch den Intern. Ringerverband (FILA) bei 97 kg Körpergewicht. 1969 wurden zwei neue Gewichtsklassen zu den bis dahin bestehenden acht eingeführt, das Papiergewicht (bis 48 kg Körpergewicht und das Schwergewicht, bis 100 kg Körpergewicht. Die Gewichtsklasse über 100 kg Körpergewicht bezeichnete man nunmehr als Superschwergewicht. Im Grunde genommen hat Wilfried Dietrich also immer im Superschwergewicht gerungen.
Wilfried Dietrich wurde 1969 zum Schifferstadter Ehrenbürger ernannt, ein Jahr zuvor war er bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele Fahnenträger der bundesdeutschen Mannschaft gewesen. Er erlag 1992 im Alter von nur 58 Jahren einem Herzinfarkt in Durbanville, einem nördlichen Vorort von Kapstadt in Südafrika, wo er zuletzt mit seiner zweiten Ehefrau lebte. Er wurde auf dem Waldfriedhof in Schifferstadt beigesetzt.[2]
Im Juni 2008 ersteigerte Günther Dietrich, der Bruder von Wilfried Dietrich, dessen sportlichen Nachlass für über 25.000 € und führte ihn aus Südafrika nach Deutschland zurück. Dieser Nachlass wurde Grundstein für ein Ringermuseum, das 2010 in Schifferstadt gegründet wurde.[3]
Internationale Erfolge
(Anm.: OS = Olympische Spiele, WM = Weltmeisterschaft, EM = Europameisterschaft, GR = griechisch-römischer Stil, F = Freistil, S = Schwergewicht, SS = Superschwergewicht, Klasse = Gewichtsklasse)
Jahr | Platz | Wettbewerb | Stil | Klasse | |
1955 | 6. | WM in Karlsruhe | GR | S | mit Siegen über Alexandru Suli, Rumänien u. Ladislav Baksaj, Jugoslawien u. einer Niederlage gegen Hamit Kaplan, Türkei |
1956 | Silber | OS in Melbourne | GR | S | mit Siegen über Bertil Antonsson, Schweden, Hussein Mehmedow, Bulgarien, Hamit Kaplan u. Adelmo Bulgarelli, Italien u. einer Niederlage gegen Anatoli Parfenow, UdSSR |
1957 | 2. | WM in Istanbul | F | S | mit Siegen über Shunichi Kawano, Japan, Gholamreza Takhti, Iran u. Lucjan Sosnowski, Polen u. Unentschieden gegen Hussein Mehmedow u. Hamit Kaplan |
1958 | 1. | Turnier in Udine | GR | S | vor Giuseppe Marcucci, Italien u. Ladislav Baksaj |
1959 | 1. | Turnier in Savona | GR | S | vor Adelmo Bulgarelli u. Suleyman Bastimur, Türkei |
1959 | 1. | Turnier in Split | GR | S | vor István Kozma, Ungarn, Suleyman Bastimur, Bertil Antonsson, Hussein Mehmedow u. Ladislav Baksaj |
1960 | Silber | OS in Rom | GR | S | mit Siegen über Ragnar Svensson, Schweden u. Radoslav Kassabow, Bulgarien u. Unentschieden gegen Bohumil Kubát, Tschechoslowakei u. Iwan Bogdan, UdSSR |
1960 | Gold | OS in Rom | F | S | mit Siegen über Ray Mitchell, Australien, Max Widmer, Schweiz, Bertil Antonsson, Yaqub-Ali Shourvazi, Iran, Pietro Marascalchi, Italien u. Sawkus Dscharasow, UdSSR u. einem Unentschieden gegen Hamit Kaplan |
1961 | 1. | WM in Yokohama | F | S | mit Siegen über Isamu Ohtsuka, Japan, Hossein Noori, Iran u. Alexander Medwed, UdSSR u. Unentschieden gegen János Reznák, Ungarn u. Hamit Kaplan |
1962 | 1. | Turnier in Klippan/Schweden | GR | S | vor Ragnar Svensson u. Stoykow, Jugoslawien |
1962 | 1. | Turnier in Belgrad | GR | S | vor István Kozma u. Anatoli Parfenow |
1962 | 3. | WM in Toledo/USA | GR | S | mit Siegen über Akeo Nojima, Japan, Hallow Wilson, USA, Radoslaw Kassabow u. Hamit Kaplan, einem Unentschieden gegen Anatoli Roschtschin, UdSSR u. einer Niederlage gegen István Kozma |
1962 | 3. | WM in Toledo/USA | F | S | mit Siegen über Aziz Keyani, Iran u. Ragnar Svensson u. Unentschieden gegen Ljutwi Dschiber Achmedow, Bulgarien u. Hamit Kaplan |
1963 | 4. | WM in Sofia | F | S | mit Siegen über Hamit Arslan, Türkei u. Alwyn Visser, Südafrika, einem Unentschieden gegen János Reznák u. einer Niederlage gegen Ljutwi Dschiber Achmedow |
1963 | 6. | WM in Helsingborg | GR | S | mit einem Sieg über Werner Tschimmel, DDR, Unentschieden gegen István Kozma u. Ljutwi Dschiber Achmedow u. einer Niederlage gegen Anatoli Roschtschin |
1964 | 2. | Turnier in Klippan | GR | S | hinter Ragnar Svensson u. vor Lennart Eriksson, Schweden |
1964 | Bronze | OS in Tokio | GR | S | mit Siegen über Tsuneharu Sugiyama, Japan u. Radoslaw Kassabow u. Niederlagen gegen Anatoli Roschtschin u. István Kozma |
1964 | 7. | OS in Tokio | F | S | mit einem Sieg über Arne Robertsson, Schweden, einem Unentschieden gegen Hamit Kaplan u. einer Niederlage gegen Larry Kristoff, USA |
1967 | 5. | EM in Minsk | GR | S | mit einem Sieg über Radoslaw Kassabow u. Unentschieden gegen Nikolai Schmakow, UdSSR u. István Kozma |
1967 | 1. | EM in Istanbul | F | S | mit Siegen über László Nyers, Ungarn, Arne Robertsson, Bohumil Kubát, Osman Duraliew, Bulgarien u. Wladimir Saunin, UdSSR, trotz einer Niederlage gegen Giyasettin Yilmaz, Türkei |
1968 | Bronze | OS in Mexiko-Stadt | F | S | mit Siegen über Harry Geris, Kanada, Wieslaw Bochenski, Polen, Olziisaihany Erdeneochir, Mongolei u. Ștefan Stîngu, Rumänien u. Niederlagen gegen Osman Duraliew u. Alexander Medwed |
1969 | 5. | EM in Sofia | F | S | mit einem Unentschieden gegen Omar Topuz, Türkei u. einer Niederlage gegen Osman Duraliew |
1969 | 2. | WM in Mar del Plata | GR | SS | mit Siegen über Merv Holden, Kanada u. Petar Donew, Bulgarien u. einem Unentschieden gegen Anataoli Roschtschin |
1970 | 1. | Turnier in Teheran | F | SS | vor Filabi, Iran u. Osman Duraliew |
1972 | 1. | Turnier in Bukarest | F | SS | vor Ștefan Stîngu u. Ladislau Șimon, bde. Rumänien |
1972 | 1. | Turnier in Växjö | F | SS | vor Arne Robertsson u. Andre Burek, Tschechoslowakei |
1972 | 5. | OS in München | F | SS | mit Siegen über Oldrich Vlasak, Tschechoslowakei u. Istvan Marothy, Ungarn u. Niederlagen gegen Chris Taylor, USA u. Alexander Medwed |
1972 | 4. | OS in München | GR | SS | mit Siegen über Chris Taylor u. Raimo Karlsson, Finnland und Niederlagen gegen Victor Dolipschi, Rumänien u. Anatoli Roschtschin |
Deutsche Meisterschaften
Jahr | Platz | Stil | Klasse | |
1955 | 1. | GR | S | vor Otto Hartwig, Untertürkheim u. Heinz Volb, Eckenheim |
1955 | 1. | F | S | vor Franz Wiesholler, Witten-Annen u. Werner Schreiner, Ketsch |
1956 | 1. | GR | S | vor Hans Huber (Boxer), Regensburg u. Hans Gietl, Botnang |
1957 | 1. | GR | S | vor Otto Hartwig u. Werner Schreiner |
1957 | 1. | F | S | vor Otto Hartwig u. Heinz Volb |
1958 | 1. | GR | S | vor Günter Krehl, Feuerbach u. Heinz Volb |
1958 | 1. | F | S | vor Werner Reinlein, Lichtenfels u. Ludwig Gehron, Pirmasens |
1959 | 1. | GR | S | vor Heinrich Dietz, Langendiebach u. Emil Öhmen, Duisdorf |
1959 | 1. | F | S | vor Werner Reinlein u. Hans Huber |
1960 | 1. | GR | S | vor Karl-Heinz Gerdsmeier, Aschaffenburg u. Werner Schreiner |
1960 | 1. | F | S | vor Hans Huber u. Karl-Heinz Gerdsmeier |
1961 | 1. | GR | S | vor Karl-Heinz Gerdsmeier u. Josef Hucker, Unterelchingen |
1961 | 1. | F | S | vor Josef Hucker u. Otto Hartwig |
1962 | 1. | GR | S | vor Karl-Heinz Gerdsmeier u. Willi Kiefer, Mainz |
1962 | 1. | F | S | vor Heinrich Dietz u. Theo Löhrer, Efferen |
1963 | 1. | GR | S | vor Emil Neunkirchen, Rheydt u. Alfred Weger, Schonungen |
1963 | 1. | F | S | vor Heinz Volb u. Roland Bock, Feuerbach |
1964 | 1. | GR | S | vor Heinz Eichelbaum, Dortmund u. Karl-Heinz Gerdsmeier |
1964 | 1. | F | S | vor Hans Focken, Krefeld u. Willi Kiefer |
1965 | 1. | GR | S | vor Heinz Eichelbaum u. Josef Gammel, München-Neuaubing |
1965 | 1. | GR | F | vor Roland Bock u. Heinz Eichelbaum |
1966 | 1. | GR | S | vor Roland Bock u. Heinz Eichelbaum |
1966 | 1. | F | S | vor Roland Bock u. Helmut Löw, Nürnberg |
1967 | 1. | GR | S | vor Horst Schwarz, Untertürkheim u. Heinz Eichelbaum |
1967 | 1. | F | S | vor Gerd Volz, Mainz u. Heinz Eichelbaum |
1970 | 1. | F | SS | vor Heinz Eichelbaum u. Emil Neunkirchen |
1971 | 1. | F | SS | vor Gerd Volz u. Gerhard Trutnau, Hanau |
1972 | 1. | F | SS | vor Gerd Volz u. Heiner Raber |
1973 | 1. | F | SS | vor Heinz Eichelbaum u. Gerd Volz |
1974 | 1. | GR | SS | vor Lorenz Hecher, Hallbergmoos u. Gerd Volz |
Gesamtdeutsche Olympiaqualifikationen
Jahr | Platz | Stil | Klasse | |
1960 | 1. | F | S | vor Hans Huber, Horst Czech u. Hans Päschke, bde. Leipzig |
1960 | 1. | GR | S | vor Werner Tschimmel, Luckenwalde, Hans Huber u. Müller, Rostock |
1964 | 1. | GR | S | vor Dieter Jerschneck, Luckenwalde |
1964 | 1. | F | S | vor Peter Germer, Jena |
Literatur
- Wilfried Dietrich – Ringerlegende aus Schifferstadt. In: Gerhard Sellinger: Beiträge zur Schifferstadter Geschichte. Geier-Druck-Verlag, Schifferstadt 2004, S. 59–79.
- Rolf Sperber: Der „Kran von Schifferstadt“ überragte alle Schwerathleten. In: Heimat-Jahrbuch Rhein-Pfalz-Kreis. Bd. 26 (2009), S. 12–24.
- Wilfried Dietrich – Ringerlegende aus Schifferstadt. Morgen Sonntag, 3. Juni, jährt sich zum 20. Mal der Todestag. In: Schifferstadter Tagblatt Jg. 108, Nr. 127 vom 2. Juni 2012, Magazin. ZDB-ID 1019722-9.
- Vor genau 40 Jahren: Der „Jahrhundertwurf“. In: Schifferstadter Tagblatt Jg. 108, Nr. 209 v. 7. September 2012. ZDB-ID 1019722-9.
Einzelnachweise
- ↑ Chris Taylor. auf: Olympics Sport.
- ↑ knerger.de: Das Grab von Wilfried Dietrich
- ↑ Erstes Deutsches Ringermuseum. Zugriff am 6. September 2010
Weblinks
- Profil von Wilfried Dietrich bei der Fédération Internationale des Luttes Associées (englisch)
- Wilfried Dietrich in der Datenbank von Sports-Reference (englisch; archiviert vom Original)
- Portrait, Daten und Biografie von Wilfried Dietrich in der Hall of Fame des deutschen Sports
1904: Bernhoff Hansen | 1908: George Con O’Kelly | 1920: Robert Roth | 1924: Harry Steel | 1928: Johan Richthoff | 1932: Johan Richthoff | 1936: Kristjan Palusalu | 1948: Gyula Bóbis | 1952: Arsen Mekokischwili | 1956: Hamit Kaplan | 1960: Wilfried Dietrich | 1964: Alexander Iwanizki | 1968: Alexander Medwed | 1972: Iwan Jarygin | 1976: Iwan Jarygin | 1980: Ilja Mate | 1984: Lou Banach | 1988: Vasile Pușcașu | 1992: Leri Chabelowi | 1996: Kurt Angle | 2000: Sagid Murtasalijew | 2004: Chadschimurad Gazalow | 2008: Schirwani Muradow | 2012: Jakob Varner | 2016: Kyle Snyder
Liste der Olympiasieger im Ringen
Personendaten | |
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NAME | Dietrich, Wilfried |
ALTERNATIVNAMEN | Kran von Schifferstadt (Beiname) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Ringer |
GEBURTSDATUM | 14. Oktober 1933 |
GEBURTSORT | Schifferstadt |
STERBEDATUM | 2. Juni 1992 |
STERBEORT | Durbanville, Südafrika |
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