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Tamara Press Leichtathletik

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Voller Name Tamara Natanowna Press
Nation UdSSR UdSSR
Geburtstag 10. Mai 1937
Geburtsort CharkiwSowjetunion
Größe 180 cm
Gewicht 102 kg
Karriere
Disziplin Kugelstoßen, Diskuswurf
Bestleistung 18,59 m (Kugelstoßen)
59,70 m (Diskuswurf)
Verein VSS Trud
Status zurückgetreten
Medaillenspiegel
Olympische Spiele 3 × Gold 1 × Silber 0 × Bronze
Europameisterschaften 3 × Gold 0 × Silber 1 × Bronze
Olympische Ringe Olympische Spiele
Gold Rom 1960 Kugelstoßen
Silber Rom 1960 Diskuswurf
Gold Tokyo 1964 Kugelstoßen
Gold Tokyo 1964 Diskuswurf
Logo der EAA Europameisterschaften
Gold Stockholm 1958 Diskuswurf
Bronze Stockholm 1958 Kugelstoßen
Gold Belgrad 1962 Diskuswurf
Gold Belgrad 1962 Kugelstoßen

Tamara Natanowna Press (russ. Тамара Натановна Пресс, ukrainisch Тамара Натанівна Пресс; * 10. Mai 1937 in Charkiw, Ukrainische SSR) ist eine ehemalige sowjetische Kugelstoßerin und Diskuswerferin der 1960er-Jahre. Zusammen mit ihrer jüngeren Schwester Irina Press, ebenfalls Leichtathletin, war sie die eine Hälfte der schon damals so genannten „Press Brothers“[1], die fast alles gewannen, was es zu gewinnen gab.[2]

Sportliche Erfolge[]

Bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom gewann Tamara die Goldmedaille im Kugelstoßen und die Silbermedaille im Diskuswurf. Bei den Olympischen Spielen 1964 in Tokio errang sie in beiden Disziplinen die Goldmedaille. Sowohl im Kugelstoßen als auch im Diskuswurf stellte sie jeweils sechs Weltrekorde auf. Auch bei Europameisterschaften war sie erfolgreich: 1958 wurde sie in Stockholm Dritte im Kugelstoßen, 1962 in Belgrad Europameisterin im Kugelstoßen und im Diskuswurf.

Sie stellte bei dem ersten Leichtathletik-Europacup der Frauen 1965 im Auestadion (Kassel, Deutschland) einen Weltrekord beim Kugelstoßen mit einer Weite von 18,59 m auf.[3]

Das Ende als Anfang der Fragen[]

Den beiden Schwestern Tamara und Irina wurde nachgesagt, ihr Geschlecht könne nicht festgelegt werden. Sie galten manchen zumindest als Hermaphroditen; nach anderer Ansicht waren sie mit männlichen Hormonen gedopt. Spötter nannten die beiden Schwestern „Press Brothers“. Nachdem die Bestimmung des Geschlechts für alle international auftretenden Sportlerinnen 1966 zur Pflicht wurde (diese Tests wurden 2000 in Sydney wieder abgeschafft), verschwanden beide Sportlerinnen von der Wettkampfbühne. In der westlichen Presse verstand man diesen Rückzug als Eingeständnis. In den russischen Zeitungen wird dies bis heute dementiert.

Ihr Platz in der Zeitgeschichte[]

Die Press-Schwestern symbolisierten die glückliche Zeit der Sowjetunion nach Stalins Tod. Es herrschte jenes Tauwetter, welches später auch die Politik Michail Gorbatschows prägte. Tamara und Irina waren die populärsten Sportlerinnen der UdSSR, ihre Biografien typisch für diese Zeit. Der Vater starb im Krieg. Sie wuchsen fern ihrer Heimat auf, da diese von deutschen Truppen besetzt und zerstört worden war. Später absolvierten sie ein Studium an der Staatlichen Universität von Leningrad.

Die Zeit nach dem Leistungssport[]

Nachdem ihre Kandidatur vor der Europameisterschaften 1966 vom Sowjet-Verband zurückgezogen worden war, machten die beiden berufliche Karriere. Irina ging zu den Grenztruppen des KGB und wurde dort Offizier. Tamara wurde Bauingenieurin, schrieb zahlreiche Fachbücher über ihren Beruf, aber auch über den Sport. Später bekleideten beide im russischen Sport allerlei Ehrenämter.

Westliche Berichterstattung[]

Wenngleich bis heute medizinisch nicht nachgewiesen wurde, dass Tamara Press keine Frau bzw. eine Intersexuelle ist, so wurde in den westlichen Medien systematisch an entsprechenden Verdächtigungen gearbeitet. Als die sowjetische Sportlerin dann nach Einführung der obligatorischen Geschlechtstests im Jahre 1966 von zukünftigen Sportveranstaltungen fernblieb, verfestigte sich in den Medien der Verdacht, dass es sich bei ihr um keine echte Frau handelt. Entsprechend stand im Der Spiegel in einer Ausgabe vom 13. November 1967:

„Die Fachleute trauten keiner Frau einen echten Weltrekord im Diskuswerfen zu. Denn er gehörte seit sieben Jahren einer Sowjetbürgerin, die 98 Kilo wog, weder rauchte, trank noch jemals flirtete und ihre Karriere erst beendete, nachdem 1966 ein Sex-Test für Leichtathletinnen eingeführt worden war.“[4]

Bislang existiert lediglich eine wissenschaftliche Untersuchung, die sich mit der Geschlechts-Darstellung von Tamara Press in der zeitgenössischen westlichen Presse beschäftigt. In dieser argumentiert der Soziologe Dennis Krämer aus poststrukturalistischer Perspektive, dass die damalige Presse Tamara Press' weibliches Geschlecht, wie auch das ihrer Schwester Irina, nicht deswegen systematisch als unweiblich darstellte, weil dieses männliche Züge zeigte, sondern in erster Linie, weil die sowjetische Sportlerin in starkem Kontrast zum damaligen westlich-konservativen Frauenideal von der zarten Hausfrau und Mutter stand. Die Bedrohungen, die in ihr als Sportlerin erkannt wurden, gingen somit nicht von ihrem genuinen Körper aus, sondern standen in unmittelbarer politischer Relation zur damaligen Konfliktsituation zu Zeiten des Kalten Krieges. Vor diesem Hintergrund galt Tamara Press‘ Körper in den westlichen Medien in erster Linie deswegen als fremd, anders, sonderbar und abnorm, weil hinter ihrer Erscheinung das manipulative Einwirken einer ideologischen Maschinerie des Kommunismus zu Zeiten des Kalten Krieges vermutet wurde.[5]

Weblinks[]

Einzelnachweise[]

  1. Zwischen Ruhm und Argwohn. Allgemeine Zeitung. 2014. Abgerufen am 12. Januar 2020.
  2. Tamara Press -- Soviet athlete (englisch) Encyclopædia Britannica, Inc.. 2004. Abgerufen am 13. Juni 2009.
  3.  Hessisch Niedersächsische Allgemeine (Hrsg.): 1953 fing alles an. Eine kurze Geschichte des Auestadions. In: Spezial Thema Auestadion. 22. Oktober 2010
  4. Eine Viecherei. 13. November 1967, abgerufen am 7. April 2017.
  5.  Dennis Krämer: Mediale Praktiken des Gendering. Das Geschlecht der Geschwister Tamara und Irina Press im westlichen Sportdiskurs zu Zeiten des Kalten Krieges. In: Performance und Praxis. Praxeologische Erkundungen in Tanz, Theater, Sport und Alltag. Transcript, Bielefeld 2017, ISBN 978-3-8376-3287-3, S. 191-209.


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