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Petra Kelly

Petra Kelly 1987 im Deutschen Bundestag

Petra Karin Kelly (* 29. November 1947 als Petra Karin Lehmann in Günzburg; † vermutlich 1. Oktober 1992 in Bonn) war eine deutsche Politikerin, Friedensaktivistin und Gründungsmitglied der Partei Die Grünen.

Leben[]

Petra Karin Lehmann wurde als Tochter deutscher Eltern in Günzburg geboren. Der Vater verließ die Familie, als sie sieben Jahre alt war. Die Mutter arbeitete ganztags, so dass die Tochter vor allem von der Großmutter aufgezogen wurde. Nach der Heirat der Mutter mit dem amerikanischen Offizier John E. Kelly änderte sich der Familienname in Kelly. Die Familie zog 1960 in die USA. Von 1966 bis 1970 studierte Kelly Politologie und Weltpolitik an der American University in Washington, D.C. und war dort auch hochschulpolitisch aktiv. Anschließend kehrte sie nach Europa zurück.

Von 1972 bis 1982 war sie für die Europäische Kommission in Brüssel tätig. 1979 trat sie aus der SPD aus und wurde Gründungsmitglied der Grünen und war ab 1980 mehrere Jahre eine ihrer Vorsitzenden. Im Jahr 1983 zog sie als Abgeordnete in den Deutschen Bundestag ein, dem sie bis 1990 angehörte.

Nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag lebte Petra Kelly mit ihrem Lebensgefährten Gert Bastian zurückgezogen in ihrem Haus im Bonner Stadtteil Tannenbusch. Sie war schwer krank und litt unter Bedrohungsängsten (u. a. nach erhaltenen Drohbriefen). Sie stand bei der Polizei auf der Liste gefährdeter Persönlichkeiten, lehnte jedoch Personenschutz ab. Laut Polizeibericht wurde Kelly unter nicht völlig geklärten Umständen von ihrem Lebensgefährten Gert Bastian mit dessen Pistole vom Typ Deringer im Schlaf getötet.[1] Bastian erschoss sich anschließend selbst. Die Leichen wurden am 19. Oktober 1992 aufgefunden – erst mehrere Wochen nach der Tat. Der genaue Zeitpunkt konnte daher nicht mehr mit Sicherheit festgestellt werden; als Todeszeitpunkt wird die Nacht zum 1. Oktober 1992 angenommen.

Der ehemalige Beamte und Psychologe beim Bundeskriminalamt Michael Baurmann und die Historikerin Jennifer Schevardo haben den Todesfall der beiden Politiker 20 Jahre später untersucht. Sie fanden keine Hinweise auf eine Beteiligung Dritter. Die Untersuchung wurde 2012 als Dokumentation[2] verfilmt[3] und 2014 ausgestrahlt.[4]

Petra Kelly wurde 44 Jahre alt. Sie ist auf dem Waldfriedhof im Würzburger Stadtteil Heidingsfeld beigesetzt.[5]

Politische Aktivität[]

Bundesarchiv Bild 183-1982-0912-015, Petra Kelly

Künstler aus der Bundesrepublik und anderen westeuropäischen Ländern, den USA, Afrika und Lateinamerika unterstützten am 11. September 1982 bei der Veranstaltung Künstler für den Frieden in Bochum den Krefelder Appell; Petra Kelly vertrat die Krefelder Initiative.

Bundesarchiv B 145 Bild-F065187-0022, Bonn, Pressekonferenz der Grünen, Bundestagswahl

Petra Kelly mit Otto Schily auf einer Pressekonferenz nach der Bundestagswahl 1983

Im Jahr 1968 war Petra Kelly im Präsidentschaftswahlkampf für Senator Robert F. Kennedy und den Vizepräsidenten Hubert H. Humphrey engagiert. Sie war Geschäftsführerin der JEF (Junge Europäische Föderalisten Deutschland) und von 1972 bis 1982 für die Europäische Kommission in Brüssel tätig. 1979 erklärte sie in einem Offenen Brief an Helmut Schmidt ihren Austritt aus der SPD und kündigte eine „neue Form der politischen Vertretung“ an, „wo nicht nur der Lebensschutz und der Frieden endlich Priorität erhalten werden, wo aber auch der Grundsatz von der Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen echt praktiziert wird.“[6]

Nachdem sie 1979 aus der SPD ausgetreten war, wurde sie zunächst bei der Sonstigen Politischen Vereinigung/Die Grünen als Spitzenkandidatin für die Europawahlen im selben Jahr aktiv – sie teilte sich diese Position gemäß Rotationsprinzip mit Herbert Gruhl.[7] 1980 wurde Kelly Gründungsmitglied der Partei Die Grünen, deren Bundesvorstandssprecherin sie wurde.

1981 war Petra Kelly an der Demonstration der 300.000 gegen atomare Aufrüstung in Bonn beteiligt. Gerhard Schröder schrieb 1982 einen Beitrag in Die Zeit für das von Kelly mit Jo Leinen bei Olle & Wolter herausgegebene Buch Prinzip Leben, in dem ökologische Probleme und ein potentieller Atomkrieg diskutiert werden.

Ebenfalls 1982 wurde sie mit dem Right Livelihood Award ausgezeichnet. Ein Jahr später folgte ihr Einzug in den Deutschen Bundestag für die Grünen. In den Anfangsjahren der Partei war Kelly eines ihrer prominentesten Mitglieder.

Am 4. Mai 1983 führte sie zusammen mit der Abgeordneten Gabriele Gottwald im Bundestag anlässlich einer Regierungserklärung von Bundeskanzler Helmut Kohl eine Protestaktion durch. Dabei wurde Kohl mitverantwortlich für den Tod des wenige Tage zuvor in Nicaragua von Contras ermordeten deutschen Arztes Albrecht Pflaum gemacht. Am 12. Mai entrollten Kelly, Gert Bastian und drei weitere Bundestagsabgeordnete der Grünen vor der Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz in Berlin-Ost ein Transparent mit der Aufschrift „Die Grünen – Schwerter zu Pflugscharen und trafen sich nach ihrer vorübergehenden Festnahme mit DDR-Oppositionellen. Dies duldeten die DDR-Behörden, weil die westdeutschen Grünen den NATO-Doppelbeschluss ablehnten.[8] Im Oktober 1983 empfing Staatsratschef Erich Honecker Petra Kelly, Gert Bastian und weitere Grüne zu einem Gespräch. Kelly trug einen Pullover, auf dem „Schwerter zu Pflugscharen“ gedruckt stand. Sie forderte die Freilassung aller „Verhafteten der DDR-Friedensbewegung“ und fragte Honecker, warum er in der DDR verbiete, was er im Westen unterstütze.[9]

Schwerpunkte ihrer Arbeit im Bundestag und in der Fraktion Die Grünen waren Friedenspolitik, Menschenrechte und Minderheiten. Ab 1985 setzte sich Petra Kelly für Tibet ein. Mit einer Kleinen Anfrage, die sie zusammen mit ihrem Fraktionskollegen Herbert Rusche einbrachte, sorgte sie dafür, dass Tibet zum ersten Mal im Deutschen Bundestag erwähnt wurde. Eine Reihe weiterer Anfragen, mehrere Anhörungen, Dialoge und Schriftwechsel mit chinesischen und deutschen Regierungsvertretern sowie Kontakte zur tibetischen Exilregierung und dem Dalai Lama folgten.

1986 setzte sie sich mit Antje Vollmer und Christa Nickels besonders für den Lebensschutz von ungeborenen Menschen ein und ließ in das Wahlprogramm der Grünen folgenden Satz einfügen: „Wir erkennen an, dass ungeborenes Leben schützenswert ist.“[10]

1989 gründete sie unter anderem mit Theodor Ebert in Minden den Bund für Soziale Verteidigung und war zugleich Gründungsvorsitzende. Zu diesem Zeitpunkt war ihr Einfluss innerhalb ihrer Partei bereits erheblich geschwunden.

1992 moderierte Kelly die Umweltsendereihe Fünf vor Zwölf bei Sat.1. Zusammen mit ihrem Lebenspartner, politischen Freund und Fraktionskollegen Gert Bastian unterhielt sie internationale Kontakte zu Friedens- und Emanzipationsbewegungen.

Soziale Aktivität[]

Nachdem 1970 ihre Halbschwester Grace P. Kelly im Alter von zehn Jahren an Krebs gestorben war, gründete Petra Kelly im Jahr 1973 zusammen mit Bekannten, Freunden, betroffenen Eltern und engagierten Ärzten die „Grace P. Kelly Vereinigung e.V.[11] Die Vereinigung entwirft in Form einer Bürgerinitiative ein psychosoziales Betreuungsmodell für krebs- und chronisch kranke Kinder und fördert aus Spendenaufkommen weitere Projekte dieser Art.

Veröffentlichungen[]

  • 1982: mit Jo Leinen (Hrsg.): Prinzip Leben. Ökopax, die neue Kraft. (160 S.) Verlag Olle und Wolter, Berlin/W. 1982, ISBN 3-883957119.
  • 1982: mit Manfred Coppik (Hrsg.): Wohin denn wir? Texte aus der Bewegung. Oberbaumverlag, Berlin/W. 1982, ISBN 3-876281989.
  • 1983: Um Hoffnung kämpfen! Gewaltfrei in eine grüne Zukunft. Lamuv-Verlag, Bornheim-Merten 1983, ISBN 3-921521955.
  • 1983: (Hrsg.): Lasst uns die Kraniche suchen. Hiroshima: Analysen, Berichte, Gedanken. Werkhaus-Verlag, München 1983, ISBN 3-924228019.
  • 1986: (Hrsg.): Viel Liebe gegen Schmerzen. Krebs bei Kindern. Rowohlt, Reinbek 1986, ISBN 3-499159120.
  • 1988: mit Gert Bastian (Hrsg.): Tibet: ein vergewaltigtes Land. Berichte vom Dach der Welt. Rowohlt, Reinbek 1988, ISBN 3-499124742.
  • 1990: Mit dem Herzen denken. Texte für eine glaubwürdige Politik. Beck, München 1990, ISBN 3-406331521.
  • 1990: (Hrsg.): Tibet klagt an. Zur Lage in einem besetzten Land. Hammer, Wuppertal 1990, ISBN 3-872944266.
  • 1994: mit Joseph Beuys: Diese Nacht, in die die Menschen … FIU-Verlag, Wangen 1994, ISBN 3-928780077.
  • 1997: Lebe, als müßtest Du heute sterben. Texte und Interviews. Zebulon-Verlag, Düsseldorf 1997, ISBN 3-928679295.

Ehrungen[]

  • 1982 wurde sie für ihren Einsatz um Konfliktlösungen und Frieden mit dem Right Livelihood Award ausgezeichnet.
  • Die Heinrich-Böll-Stiftung verleiht in ihrem Andenken den Petra-Kelly-Preis.
  • 1997 entstand die Petra-Kelly-Stiftung, ein den Grünen nahestehendes, bayerisches Bildungswerk für Demokratie und Ökologie innerhalb der Heinrich-Böll-Stiftung.
  • In Barcelona befindet sich im Park „Viver dels Tres Pins“ auf dem Montjuïc der im Jahr 1993 Petra Kelly gewidmete Jardí Petra Kelly mit einer Skulptur der Künstlerin Olga Ricart. Die Skulptur ist recht klein und zeigt einen jungen Frauenkörper, der sich an eine ovale Form schmiegt. Die Haare verdecken das Gesicht. Die Skulptur trägt die folgende katalanische Inschrift:

«No hi ha un camí vers la pau / La pau és l’únic camí / Petra Kelly / Dia de la Terra 1993»

„Es gibt keinen Weg zum Frieden / Der Friede ist der einzige Weg / Petra Kelly / Tag der Erde 1993“

  • Ebenso wurden Straßen und Plätze nach Petra Kelly benannt: Im April 2006 wurde in Bonn ein im ehemaligen Regierungsviertel (heute Bundesviertel) liegendes Teilstück der Franz-Josef-Strauß-Allee in Petra-Kelly-Allee umbenannt.[12] In der an Madrid angrenzenden Stadt Leganés trägt eine Straße[13] und seit Juli 2011 im Nürnberger Stadtteil Gostenhof ein Platz[14][15] ihren Namen. Im November 2011 beschloss der Stadtrat von München im Stadtteil Schwabing eine Straße nach Petra Kelly zu benennen.[16]
  • 2002: Light of Truth Award (posthum)

Literatur[]

  • Till Bastian: Die Finsternis der Herzen. Nachdenken über eine Gewalttat. PapyRossa-Verlag, Köln 1994, ISBN 3-89438-074-8.
  • Lukas Beckmann, Lew Kopelew (Hrsg.): Gedenken heißt erinnern. Petra K. Kelly, Gert Bastian. Lamuv-Verlag, Göttingen 1993, ISBN 3-88977-357-5.
  • Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.): Petra Kelly. Eine Erinnerung. Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin 2007, ISBN 978-3-927760-68-4.
  • Sara Parkin: The Life and Death of Petra Kelly. London, Pandora 1994, ISBN 0-04-440896-X.
  • Alice Schwarzer: Eine tödliche Liebe. Petra Kelly und Gert Bastian. Kiepenheuer und Witsch, Köln 1993, ISBN 3-462-02288-1; aktualisierte Taschenbuchausgabe Heyne, München 1994, ISBN 3-453-08133-1; aktualisierte Neuausgabe Kiepenheuer und Witsch, Köln 2001, ISBN 3-462-03040-X.
  • Saskia Richter: Die Aktivistin: Das Leben der Petra Kelly. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2010, ISBN 978-3-421-04467-9.

TV-Verfilmung[]

  • Andreas Kleinert (Regie), Wolfgang Menge (Buch): Kelly/Bastian – Geschichte einer Hoffnung. 2001. [17]
  • Thomas Imbach (Regie): Happiness Is a Warm Gun. 2001. [18]
  • Geheimakte Geschichte (2), Die Mordakte Kelly und Bastian, Dreiteiliger Film von Heike Nelsen-Minkenberg und Tom Müller

Weblinks[]

Einzelnachweise[]

  1.  Der alte Mann und das Mädchen. In: Der Spiegel. Nr. 44, 1992 (Online).
  2. https://www.youtube.com/watch?v=X7Vv33JM7O0
  3. http://februarfilm.de/geheimakte.html
  4. http://www.presseportal.de/pm/6694/2862098
  5. knerger.de: Das Grab von Petra Kelly
  6. Offener Brief an Bundeskanzler Helmut Schmidt, Archiv Grünes Gedächtnis – Petra-Kelly-Archiv – Akte 540, Auszüge daraus (Memento vom 13. Juni 2007 im Internet Archive)
  7. Rudolf van Hüllen: Ideologie und Machtkampf bei den Grünen. Bonn 1990, S. 179
  8. Udo Baron: Kalter Krieg und heisser Frieden. Der Einfluss der SED und ihrer westdeutschen Verbündeten auf die Partei 'Die Grünen'. Lit Verlag, 2003, ISBN 3-8258-6108-2, S. 188; MDR: Damals im Osten: Tragische Symbolfiguren: Petra Kelly und Gert Bastian
  9. Ilko-Sascha Kowalczuk: Endspiel: Die Revolution von 1989 in der DDR. C.H. Beck, 2. durchgesehene Auflage, München 2009, ISBN 3-406-58357-1, S. 247; Heinrich-Böll-Stiftung: Das Petra-Kelly-Archiv
  10. Die Grünen und die Kirche – Durchs Klösterle in die Politik. In: FAZ, 19. November 2007
  11. Webauftritt der Grace P. Kelly Vereinigung – Entstehung der Vereinigung (Memento vom 23. Mai 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft (bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis)
  12. Vorlage:Bonner Straßenkataster
  13. Calle de Petra Kelly auf maps.google.de
  14. Petra-Kelly-Platz in Gostenhof (PDF; 58 kB). Beschluss des Verkehrsausschusses der Stadt Nürnberg vom 7. Juli 2011.
  15. Denkmal für Symbolfigur der Öko-Bewegung. In: Nürnberger Stadtanzeiger vom 19. Juli 2011.
  16. Beschluss des Kommunalausschusses der Stadt München vom 17.11.2011 – Straßenbenennung im 4. Stadtbezirk Schwabing-West (PDF; 412 kB).
  17. Spielfilm 2001 – Kelly/Bastian: Geschichte einer Hoffnung. Internet Movie Database, abgerufen am 10. Juni 2015 (englisch).
  18. Happiness Is a Warm Gun. Internet Movie Database, abgerufen am 10. Juni 2015 (englisch).


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