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Gerd Weber
Bundesarchiv Bild 183-P1017-303, Fußballer Gerd Weber
Gerd Weber vor einem
Länderspiel im Oktober 1975
Personalia
Geburtstag 31. Mai 1956
Geburtsort DresdenDDR
Größe 180 cm
Position Mittelfeldspieler
Junioren
Jahre Station
1962–1970 SC Einheit Dresden /
FSV Lokomotive Dresden
1970–1973 SG Dynamo Dresden
Herren
Jahre Station Spiele (Tore)1
1973–1975 SG Dynamo Dresden II 18 00(1)
1973–1981 SG Dynamo Dresden 145 0(43)
1989–1992 SV Oberweier
Nationalmannschaft
Jahre Auswahl Spiele (Tore)
1971–1974 DDR U-18 51 0(4)
1974–1975 DDR U-23 9 0(0)
1978–1980 DDR U-21 3 0(0)
1975–1976 DDR Olympia 6 0(0)
1975–1980 DDR 35 0(5)
1 Angegeben sind nur Liga-Spiele.

Gerd Weber (* 31. Mai 1956 in Dresden) war Fußballspieler in der DDR-Oberliga, der höchsten ostdeutschen Fußballklasse. Er spielte dort für die Sportgemeinschaft Dynamo Dresden, mit der er dreimal Meister und einmal Pokalsieger wurde. Weber ist 35-maliger Nationalspieler und wurde 1976 Olympiasieger.

Fußball-Laufbahn[]

Jugend[]

Weber wuchs unter schwierigen Familienverhältnissen auf, sein Vater war Alkoholiker, zeitweise wurde er im Heim erzogen.[1] Mit sechs Jahren wurde er in den Nachwuchs der Fußballabteilung des SC Einheit Dresden aufgenommen, die 1966 als FSV Lokomotive Dresden eigenständig wurde, und durchlief dort bis 1970 die einzelnen Teams. Zum Saisonbeginn 1970/71 wurde er zum Oberligisten Dynamo Dresden delegiert, wo er zunächst in der Jugendmannschaft eingesetzt wurde. Ab 1971 spielte er für Dynamo in der Juniorenoberliga. Im gleichen Jahr wurde er in den Kader der DDR-Juniorennationalmannschaft aufgenommen. Am 26. September 1971 bestritt er im tschechischen Děčín in der Begegnung Tschechoslowakei – DDR (2:2) als Verteidiger eingesetzt sein erstes Juniorenländerspiel. Bis 1974 kam Weber auf 51 Länderspiele mit der Juniorenauswahl und stellte damit einen ungebrochenen DDR-Rekord auf. Unmittelbar danach wurde er in die Nachwuchsnationalmannschaft aufgenommen, mit der er zwölf Länderspiele bestritt.

DDR-Oberliga[]

Zu seinem ersten Einsatz in der DDR-Oberliga kam Weber am 25. August 1973. In der Partie des 3. Spieltages der Saison 1973/74 Dynamo – Stahl Riesa (5:2) wurde er in der 83. Minute für den Linksaußenstürmer Claus Lichtenberger eingewechselt. Bis zum 12. Spieltag wurde er noch in weiteren drei Oberligaspielen eingesetzt, jeweils wieder als Wechselspieler. In der Saison 1974/75 profitierte der 1,80 m große Weber von der langwierigen Verletzung des Dresdner Regisseurs Hans-Jürgen Kreische, für den er vom elften Spieltag an regelmäßig hauptsächlich als Mittelfeldspieler in der Oberligamannschaft eingesetzt wurde. Allerdings hatte das Spieljahr einen bitteren Abschluss für Weber. Dynamo hatte das DDR-Pokalendspiel erreicht, unterlag jedoch Sachsenring Zwickau nach einem 3:4 im Elfmeterschießen. Weber verschoss neben Hans-Jürgen Dörner einen der Dresdner Elfmeter. In der Spielzeit 1975/76 wurde Weber endgültig zum Stammspieler, er absolvierte 24 der 26 Oberligapunktspiele und fand als rechter Verteidiger einen festen Platz im Mannschaftsgefüge. Am Saisonende feierte er mit seiner Mannschaft, die die Meisterschaft gewonnen hatte, seinen ersten Titelgewinn. Weitere Meisterschaften kamen 1977 und 1978 hinzu. Am 28. Mai 1977 gewann er auch den DDR-Pokal nach einem 3:2-Sieg über den 1. FC Lokomotive Leipzig. Mit seinem Tor zum 2:2 in der 85. Minute nach einem 1:2-Rückstand leistete er die Vorarbeit zum 3:2-Sieg der Dresdner. Seinen Stammplatz behielt Weber bis 1980, wobei seine Einsätze zwischen Abwehr und Mittelfeld variierten. In der Spielzeit 1979/80 wurde er mit 16 Treffern Torschützenkönig der Dynamos und landete auf Platz drei der Oberliga-Torschützenliste, obwohl er nie im Sturm gespielt hatte. Zu Beginn der Saison 1980/81 fiel er zunächst durch Verletzung aus und kam erst vom achten Spieltag an bis zur Winterpause wieder regelmäßig in der Oberliga zum Einsatz. Am 24. Januar 1981 wurde Weber vor dem Abflug der Nationalmannschaft zu einer Südamerikatournee wegen versuchten „ungesetzlichen Grenzübertritts“ zusammen mit seinen Dresdner Mannschaftskameraden Peter Kotte und Matthias Müller verhaftet. Vorausgegangen war ein Abwerbeversuch des Bundesligisten 1. FC Köln. Anschließend wurden alle drei aus der SG Dynamo Dresden ausgeschlossen, Weber erhielt lebenslanges Spielverbot im gesamten DDR-Fußballspielbetrieb, Kotte und Müller wurden lebenslang für die Oberliga und die zweitklassige DDR-Liga gesperrt. Weber wurde als Hauptverdächtiger zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten wegen „landesverräterischer Agententätigkeit“ und „versuchten ungesetzlichen Grenzübertritts“ verurteilt. Seine Bilanz bei Dynamo Dresden von 1973 bis 1980 weist 145 Oberligaspiele mit 43 Toren[2] und 35 Europapokalspiele mit fünf Toren aus. In den sechs Spielzeiten zwischen 1974/75 und 1979/80, in den Weber stets mindestens 19 oder mehr der 26 Oberligasaisonspiele bestritt, kamen die Dresdner Dynamos stets auf den Medaillenrängen ein und waren mit Platz 3 1974/75 nur einmal nicht Meister oder Vizemeister.

A-Nationalmannschaft[]

Nachdem sich Weber als Junioren- und Nachwuchs-Nationalspieler hervorgetan hatte und in der Oberliga zum Stammspieler geworden war, wurde er im Sommer 1975 in das Aufgebot der A-Nationalmannschaft berufen. Zu seinem ersten Länderspieleinsatz kam er am 3. September 1975 in der Begegnung Sowjetunion – DDR (0:0), als er in der 54. Minute für den rechten Mittelfeldspieler Wolfgang Seguin eingewechselt wurde. Danach hatte er mit Ausnahme des Jahres 1976 (nur zwei Einsätze) einen festen Platz in der DDR-Auswahl. Mit der DDR-Olympiaauswahl bestritt Weber sechs offizielle Länderspiele, darunter zwei Endrundenbegegnungen bei den Olympischen Spielen 1976 in Montreal (Kanada). Damit trug er zum Gewinn der Goldmedaille bei, die die DDR-Auswahl nach einem 3:1-Sieg – ohne den verletzten Weber – über Polen gewann. Für diesen Erfolg wurde er mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Bronze ausgezeichnet.[3] In den Qualifikationsspielen zur Fußball-Europameisterschaft 1980 in der Gruppe 4 absolvierte er, wie auch Hans-Jürgen Dörner, Reinhard Häfner und Martin Hoffmann unter Trainer Georg Buschner, alle acht Spiele gegen die Niederlande, Polen, Schweiz und Island. Bei der entscheidenden 2:3-Niederlage am 21. November 1979 in Leipzig gegen die Niederlande bildete er mit Rüdiger Schnuphase und Reinhard Häfner das Mittelfeld[4]. Nach einer 2:0-Führung setzten sich die "Oranjes" mit einem Tor von René van de Kerkhof in der 67. Minute durch. Das letzte seiner 35 beziehungsweise nach FIFA-Lesart 33 A-Länderspiele absolvierte Weber zwei Monate vor seiner Verhaftung am 19. November 1980 im Freundschaftsspiel zwischen der DDR und Ungarn (2:0).[5]

Staatssicherheit[]

Dynamo Dresden stand als hervorgehobene Sportgemeinschaft der DDR-Sicherheitsorgane unter besonderer Beobachtung des Ministeriums für Staatssicherheit. Dieses bediente sich dabei zahlreicher Informanten außer- und innerhalb der Oberligamannschaft. Gerd Weber wurde 1975 als Inoffizieller Mitarbeiter angeworben und erwies sich mit mehr als 70 Berichten über seine Mannschaft als ergiebige Quelle.[6] Ihm war die Aufgabe zugeteilt worden, seine Mannschaftskameraden bei den Olympischen Spielen 1976 und bei Einsätzen im westlichen Ausland zu observieren. 1979 geriet er selbst in Verbindung mit der Flucht prominenter DDR-Fußballspieler (Lutz Eigendorf) bei der Staatssicherheit unter Verdacht. Das führte letztlich auch dazu, dass 1981 seine eigenen Fluchtpläne aufgedeckt wurden.

Leben ohne Leistungsfußball[]

Von seiner Haftstrafe musste Weber elf Monate absitzen. Sein 1978 begonnenes Sportlehrerstudium durfte er nicht weiterführen. Er nahm eine Tätigkeit in einer Autowerkstatt auf und absolvierte eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker. Der Besuch eines Meisterlehrgangs wurde ihm verwehrt. Viermal wurden seine Begnadigungsersuche beim DDR-Fußballverband abgelehnt. Am 12. August 1989 [7] gelang ihm mit seiner Frau und sechsjähriger Tochter die Flucht über Ungarn in die Bundesrepublik. Hier ließ er sich zum Industriekaufmann ausbilden und arbeitete anschließend als Kfz-Sachverständiger. Drei Jahre lang war er Freizeitfußballer beim SV Oberweier, danach trainierte er für kurze Zeit die Landesligamannschaft des SV Haslach. Zuletzt ließ sich Weber im badischen Friesenheim (Ortsteil Heiligenzell) nieder.

Erfolge[]

  • Sieger des Olympischen Fußballturniers: 1976
  • DDR-Meister: 1976, 1977, 1978
  • DDR-Pokalsieger: 1977

Einzelnachweise[]

  1. Gerd Weber, Internationales Sportarchiv, 34/03, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  2. Matthias Arnhold: Gerd Weber - Matches and Goals in Oberliga. RSSSF. 4. Januar 2018. Abgerufen am 4. Januar 2018.
  3. Von der Ehrung für die Olympiamannschaft der DDR. Hohe staatliche Auszeichnungen verliehen. Vaterländischer Verdienstorden in Bronze. In: Neues Deutschland. 10. September 1976, S. 4, abgerufen am 10. April 2018 (online bei ZEFYS – Zeitungsportal der Staatsbibliothek zu Berlin, kostenfreie Anmeldung erforderlich).
  4. Deutscher Sportclub für Fußballstatistiken (DSFS): 50 Jahre Fußball-Europameisterschaft. Band 1 – 1960 bis 1996, Seite 96
  5. Matthias Arnhold: Gerd Weber - Goals in International Matches. RSSSF. 4. Januar 2018. Abgerufen am 4. Januar 2018.
  6. Ingolf Pleil: Mielke, Macht und Meisterschaft: Die „Bearbeitung“ der Sportgemeinschaft Dynamo Dresden durch das MfS 1978 - 1989. Ch.Links Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-86153-235-2, Seite 67 ff.
  7. Gefängnis statt Fußball. Badische Zeitung, 9. Mai 2009

Literatur[]

  • Bernd Rohr, Günter Simon: Fussball-Lexikon. Aktualisierte Ausgabe. Copress, München 1993, ISBN 3-7679-0410-1, S. 453.
  • Andreas Baingo, Michael Hohlfeld: Fußball-Auswahlspieler der DDR. Das Lexikon. Sportverlag, Berlin 2000, ISBN 3-328-00875-6, S. 202–203.
  • Michael Horn, Gottfried Weise: Das große Lexikon des DDR-Fußballs. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2004, ISBN 3-89602-536-8, Seite 363–364.
  • Andreas Baingo, Michael Horn: Die Geschichte der DDR-Oberliga. Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2003, ISBN 3-89533-428-6, S. 204.
  • Hanns Leske: Enzyklopädie des DDR-Fußballs. Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2007, ISBN 978-3-89533-556-3.
  • Uwe Nuttelmann (Hrsg.): DDR-Oberliga. 1962–1991. Eigenverlag, Jade 2007, ISBN 978-3-930814-33-6.
  • Hanns Leske: Die DDR-Oberligaspieler. Ein Lexikon. AGON Sportverlag, Kassel 2014, ISBN 978-3-89784-392-9, S. 563–564.

Weblinks[]


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