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FruchtbringendeGesellschaft

Gesellschaftsschild der Fruchtbringenden Gesellschaft: Palmenhain mit einem Porträt Fürst Ludwigs von Anhalt-Köthen.

Ordenskleinod Fruchtbringende Gesellschaft

Gesellschaftspfennig des August Fürst zu Anhalt 1621

Die Fruchtbringende Gesellschaft (lat. societas fructifera), nach ihrem Emblem, dem „indianischen Palmbaum“ auch bekannt als Palmenorden, war mit 890 Mitgliedern die größte literarische Gruppe des Barocks.

Geschichte[]

„Der Name Fruchtbringend / darum / damit ein jeder / so sich hinein begiebet / oder zu begeben gewillet / anders nichts / als was fruchtmeßig / zu Früchten / Bäumen / Blumen / Kräutern oder dergleichen gehörig / aus der Erden wächset / und davon entstehet / ihme erwehlen / und darneben überall Frucht zuschaffen äußerst beflissen seyn solle.“

(Georg Neumark: Der Neu-Sprossende Teutsche Palmbaum, Nürnberg 1668.)

Gründung[]

Den Gründungsmythos der Gesellschaft beschreibt Georg Neumarks 'Neu-Sprossender Teutscher Palmbaum' [1] im Gefolge des 'Teutschen Palmbaums' Carl Gustavs von Hille:[2] Anlässlich des Begräbnisses der Herzogin Dorothea Maria von Sachsen-Weimar trafen sich am 24. August 1617 in Weimar Familienmitglieder und Freunde zu einem Trauermahl auf Schloss Hornstein (dem heutigen Weimarer Stadtschloss). Als beim Tischgespräch das Thema auf Sprachgesellschaften im Ausland und das Fehlen eines deutschen Pendants kam, regte Hofmarschall Kaspar von Teutleben die Gründung eines solchen Zirkels an. Spontan schlossen sich Fürst Ludwig I. von Anhalt-Köthen und sein gleichnamiger Sohn, die drei Herzöge von Sachsen-Weimar, Friedrich, Johann Ernst d. J. und Wilhelm sowie der Dessauer Hofmarschall Christoph von Krosigk und sein Bruder Bernhard von Krosigk dieser Idee an. Sie gründeten noch am selben Tag die Fruchtbringende Gesellschaft. Es entstand eine Vereinigung nach dem Vorbild der italienischen Accademia della Crusca, als deren erstes deutsches Mitglied Ludwig I. von Anhalt-Köthen schon Jahre zuvor aufgenommen worden war. Fürst Ludwig wurde schon am Gründungstag zum ersten Oberhaupt gewählt.

Ziele[]

Politischer Zweck der Gründung war nach Schmidt[3] zunächst die Anbahnung einer gesamtprotestantischen, lutherische wie reformierte Reichsstände umfassenden militärischen Allianz, um die katholisch-kaiserliche Hegemonie im Reich zu bekämpfen. Die Publikationen Hilles sowie Neumarks zeichnen hingegen - nach dem Scheitern der militärischen Ambitionen der Gesellschaft (Schlacht von Nördlingen 1634, Prager Frieden 1635, Tod Bernhards von Weimar 1639) - das Bild einer friedfertigen Sprachgesellschaft: Die Fruchtbringende Gesellschaft habe sich von Anfang zum Ziel gesetzt, dass bey dem bluttriefenden Kriegsjammer/ unsere uralte unvollkommene [sic! wohl 'und vollkommene' gemeint] Teutsche Muttersprache/ so uns gantz rein in der ersten Milch gleichsam eingetreuffelt/ nachmals aber durch fremdes Wortgepräng/ wässerig und versaltzen worden/ hinwieder in uralte gewöhnliche und angeborne Teutsche[] Reinlichkeit/ Zierd und Aufnahme eingeführet/ einträchtig fortgesetzet/ von dem fremdddrukkenden Sprachenjoch befreyet/ durch alte und neue Kunstwörter befestiget/ und also endlichen in dem glorwürdigsten Ehrenthron versetzet werden möchte (Hille, Teutscher Palmbaum, S.7; vgl. Neumark, Neu-Sprossender Teutscher Palmbaum, S.13). Mit erstarkendem Patriotismus wandelte sich die Zielsetzung immer mehr hin zur Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung der alten deutschen Tugenden.

Organisation[]

Sitzung der Fruchtbringenden Gesellschaft

Sitzung der „Fruchtbringenden Gesellschaft“; Kupferstich von Peter Ißelburg.

Das Oberhaupt der Gesellschaft wurde auf Lebenszeit gewählt und dessen Hof galt als Amtssitz. Der erste Sitz der Gesellschaft von 1617 bis 1650 wurde Fürst Ludwigs Residenz in Köthen. Viele Mitglieder übten das Recht aus, neue Mitglieder vorzuschlagen, doch nur dem Oberhaupt war es erlaubt, diese aufzunehmen. Zum überwiegenden Teil kamen sie aus dem Adel, doch waren auch Nicht-Adlige zugelassen. Gerade Fürst Ludwig wollte eine Gesellschaft ohne Standesunterschiede. Die Verwendung der Gesellschaftsnamen ohne Titel sollte die Stände nivellieren. Dass sich unter den 890 Mitgliedern nur zwei evangelische Theologen - Johann Valentin Andreae und Johann Rist - befinden, kann daran liegen, dass in der Fruchtbringenden Gesellschaft keine Religionsstreitigkeiten gewünscht waren.

Die Mitgliedschaft einiger Ausländer, wie Axel Oxenstierna und Octavio Piccolomini dürfte politisch begründet gewesen sein und zeugt von Ludwigs diplomatischem Geschick, sich im Krieg nach beiden Seiten abzusichern. Offiziell waren Frauen als Mitglieder nicht zugelassen. Aus dem Briefwechsel mehrerer Mitglieder ist aber ersichtlich, dass zumindest einige Ehefrauen verschiedentlich bei Treffen anwesend waren und den Gesellschaftsnamen ihres Gatten benutzten. In diesem Zusammenhang sei auf die Noble Academie des Loyales hingewiesen, welche als Gegenstück zur Fruchtbringenden Gesellschaft gilt. Es handelt sich hier um einen reinen Frauenzirkel, welcher von Fürstin Anna von Anhalt-Bernburg (1579–1624) gegründet wurde.

Die Aufnahme neuer Mitglieder fand meistens am Hofe des amtierenden Oberhaupts statt. Diesen Initiationsritus nannte man Hänselung. Der Ablauf war folgender: Alle anwesenden Mitglieder saßen in der Reihenfolge ihrer Aufnahme um einen langen Tisch, das Oberhaupt am Kopfende und der Neuling am Fußende. Nach dem Verlesen der Gesetze der Gesellschaft durch das Oberhaupt versprach das neue Mitglied, sich danach zu richten und diese nicht zu brechen. Anschließend wurde ihm durch das Oberhaupt ein Gesellschaftsname, eine Devise bzw. Sinnspruch und ein Emblem verliehen. Dieser Name stammte meist aus der Pflanzenwelt und erschließt sich heute nur noch durch die barocke Ikonographie. Hier hatte man versucht, mit den Eigenschaften der Pflanzen auf eine Affinität zum damit Ausgezeichneten hinzuweisen. Nach diesem offiziellen Teil folgte ein gesellschaftlicher, welcher immer aus einem Umtrunk bestand; meistens gefolgt von einem Diner.

Gesellschaftspfennig[]

Bei solchen und auch anderen Treffen sollten die anwesenden Mitglieder sichtbar ihren Gesellschaftspfennig tragen. Dieses war eine kleine, meist goldene Medaille, auf der ein Palmbaum zu sehen war; auf der oberen Hälfte ein Spruchband mit der Inschrift Alles zu Nutzen und auf der unteren Hälfte ein Spruchband mit der Inschrift Die Fruchtbringende Gesellschaft. Die Rückseite zeigte das Emblem des jeweiligen Mitglieds, seinen Gesellschaftsnamen und seine Devise. Nach aktuellem Stand der Forschung besaß allerdings nicht jedes Mitglied eine solche Medaille.

Aufstieg und Niedergang[]

Die Fruchtbringende Gesellschaft wuchs schnell und ständig, obwohl allein ihr Oberhaupt neue Mitglieder aufnehmen konnte. Den Höhepunkt erreichte sie bei Fürst Ludwigs Tod 1650. Schon wenige Jahre später unter dem zweiten Oberhaupt Herzog Wilhelm begann der Niedergang durch die Ausrichtung zu einem repräsentativen, rein höfischen Ritterorden. Als am 4. Juni 1680 das dritte Oberhaupt Herzog August starb, war man sich schnell einig, kein weiteres Oberhaupt mehr zu wählen. Da aber nur dieses das Recht hatte, neue Mitglieder aufzunehmen, starb die Fruchtbringende Gesellschaft nun langsam aus. Kaspar von Stieler publizierte noch bis ins frühe 18. Jahrhundert unter seinem Gesellschaftsnamen der Spate, Anton Ulrich von Braunschweig und Lüneburg-Wolfenbüttel, der Siegprangende, starb erst 1714, Hieronymus Ambrosius Langenmantel, der Wenigste, 1718.

2007 wurde die Fruchtbringende Gesellschaft wiederbelebt, die jetzt unter dem Namen Neue Fruchtbringende Gesellschaft bekannt ist.

Leistungen[]

Die „Spracharbeit“ der Fruchtbringer beschränkte sich keineswegs auf Verdeutschungsversuche für Fremdwörter. Zum Programm gehörten sowohl Arbeiten zur Grammatik, Lexikographie und Dichtung als auch Sprach- und Literaturkritik, Geschichtsschreibung, kunstvolle Prosa und Übersetzungen. Siehe hierzu ausführlich unter Sprachgesellschaft.

Alle Oberhäupter der Gesellschaft[]

  • 1617–1650: Fürst Ludwig I. von Anhalt-Köthen (der Nährende)
  • 1651–1662: Herzog Wilhelm IV. von Sachsen-Weimar (der Schmackhafte)
  • 1667–1680: Herzog August von Sachsen-Weißenfels (der Wohlgerathene)

Noch am Gründungstag der Gesellschaft, dem 24. August 1617, wurde Fürst Ludwig in der konstituierenden Sitzung auf Lebenszeit zum ersten Oberhaupt der Gesellschaft gewählt. Nach seinem Tod am 7. Januar 1650 beschlossen die Mitglieder, erst nach einem Trauerjahr ein neues Oberhaupt zu wählen. Herzog Wilhelm IV. ist deshalb erst am 8. Mai 1651 zum zweiten Oberhaupt gewählt worden; ebenfalls auf Lebenszeit. Nach dessen Tod am 17. Mai 1662 begann ein mehr als fünfjähriges Interregnum, u. a. wegen der Türcken-Gefahr. Erst am 15. Juli 1667 konnte man sich zu einer Versammlung durchringen und wählte am 15. Juli 1667 Herzog Wilhelm August zum dritten und letzten Oberhaupt der Gesellschaft.

Siehe auch[]

  • Liste der Mitglieder der Fruchtbringenden Gesellschaft
  • Neue Fruchtbringende Gesellschaft

Dokumentensammlung[]

  • Im Garten der Palme, hrsg. Martin Bircher. 2 Bde. Wiesbaden: Harrassowitz 1998. ISBN 3-447-04017-3 (685 Drucke, 335 Handschriften, 300 Kupferstiche, 21 Landkarten; die ganze Sammlung auf Mikrofilm: IDC, Niederlande)

Literatur[]

  • Carl Gustav von Hille: Der Teutsche Palmbaum. Das ist, Lobschrift Von der Hochlöblichen / Fruchtbringenden Gesellschaft Anfang / Satzungen / Vorhaben / Namen / Sprüchen / Gemählen, Schriften und unverwelklichem Tugendruhm / Allen Liebhabern der Teutschen Sprache zu dienlicher Nachrichtung, verfasset, durch den Unverdrossenen Diener derselben. Endter, Nürnberg 1647 (Digitalisat).
  • Georg Philipp Harsdörffer: Fortpflantzung der hochlöblichen Fruchtbringenden Geselschaft: Das ist / Kurtze Erzehlung alles dessen / Was sich bey Erwehlung und Antrettung hochbesagter Geselschaft Oberhauptes / Deß … Schmackhaften / … zugetragen. Samt Etlichen Glückwünschungen / und Einer Lobrede deß Geschmackes. Endter, Nürnberg 1651 (Digitalisat).
  • Georg Neumark: Der Neu-sprossende Teutsche Palmbaum. Hoffmann, Nürnberg 1668 (Reprint: Kösel, München 1970).
  • Johann M. Heinze: Erzählung von der Fruchtbringenden Gesellschaft. Glüsing, Weimar 1780.
  • Friedrich W. Barthold: Geschichte der Fruchtbringenden Gesellschaft. Alexander Duncker, Berlin 1848 (Digitalisat), (Reprint: Olms, Hildesheim 1969).
  • Gottlieb Krause: Der Fruchtbringenden Gesellschaft ältester Ertzschrein. Dyk, Leipzig 1855 (Reprint: Olms, Hildesheim 1973, ISBN 3-487-04547-8).
  • August Heinrich Hoffmann von Fallersleben: Geschlecht- und Wappenbuch der Fruchtbringenden Gesellschaft. In: Weimarisches Jahrbuch für deutsche Sprache, Litteratur und Kunst. 3, 1855, ZDB-ID 339466-9, S. 119–125 (Digitalisat).
  • Martin Bircher; Gabriele Henkel: Briefe der Fruchtbringenden Gesellschaft und Beilagen: die Zeit Herzog Augustus von Sachsen-Weissenfels 1667-1680: mit dem Breslauer Schuldrama Actus von der Hochlöbl. Fruchtbringenden Gesellschaft (1670) und mit den Registern der Mitglieder. Tübingen: M. Niemeyer, 1991.
  • Martin Bircher; Klaus Conermann (Hrsg.): Die Deutsche Akademie des 17. Jahrhunderts Fruchtbringende Gesellschaft, hrsg. im Auftrag der Herzog-August-Bibliothek. Tübingen, Niemeyer, 1991 ff.
  • Robert Schulze: Ein vergessenes Kulturzentrum Mitteldeutschlands. Reminiszenzen aus der Geschichte Köthens. Schettler, Köthen 1930.
  • Christoph Stoll: Sprachgesellschaften im Deutschland des 17. Jahrhunderts. Fruchtbringende Gesellschaft, Aufrichtige Gesellschaft von der Tannen, Deutschgesinnte Genossenschaft, Hirten- und Blumenorden an der Pegnitz, Elbschwanenorden. List, München 1973, ISBN 3-471-61463-X (List-Taschenbücher der Wissenschaft 1463 Literatur als Geschichte, Dokumente und Forschung).
  • Klaus Conermann: Die Mitglieder der Fruchtbringenden Gesellschaft 1617–1650. 527 Biographien. VCH u. a., Weinheim 1985, ISBN 3-527-17513-X (Fruchtbringende Gesellschaft 3).
  • Gerhard Dünnhaupt: Alles zu Nutzen. Die Anfänge der neuhochdeutschen Sprachreform und der erste deutsche Schulbuchverlag. In: Philobiblon. 32, 1988, ZDB-ID 1059823-6, S. 175–185.
  • Klaus Conermann: Die Fruchtbringende Gesellschaft. In: Veröffentlichungen des Historischen Museums für Mittelanhalt. 25, 2002, ZDB-ID 1438397-4, S. 26–56.
  • Gottfried Fischer: Die Sprachgesellschaften. Die Fruchtbringende Gesellschaft. In: Wiener Sprachblätter. Zeitschrift für gutes Deutsch. 53, 2, 2003, ISSN 0510-4491, S. 40 f.

Einzelnachweise[]

  1. (S. 8–19.
  2. Georg Schmidt: Die Anfänge der Fruchtbringenden Gesellschaft als politisch motivierte Sammlungsbewegung und höfische Akademie. In: Klaus Manger (Hrsg.): Die Fruchtbringer – eine Teutschhertzige Gesellschaft. Heidelberg 2001, S. 5–37.
  3. Georg Schmidt: Die Anfänge der Fruchtbringenden Gesellschaft als politisch motivierte Sammlungsbewegung und höfische Akademie. In: Die Fruchtbringer - eine Teutschhertzige Gesellschaft, hg. von Klaus Manger, Heidelberg 2001, S.5-37

Weblinks[]

Einzelnachweise[]



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