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[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-G1004-0021-001, Berlin, 12. DDR-Staatsratsitzung.jpg|miniatur|Ernst-Joachim Gießmann (stehend), 1968]]
'''Ernst-Joachim Gießmann''' (* [[12. Februar]] [[1919]] in [[Berlin]]; † [[17. Oktober]] [[2004]] in [[Neuhof (Zossen)|Neuhof]])<ref>Traueranzeige in [[Neues Deutschland]] vom 19. Oktober 2004</ref> war ein deutscher Physiker und Hochschullehrer. Er war [[Rektor]] in Magdeburg sowie anschließend Staatssekretär und [[Ministerium für das Hoch- und Fachschulwesen der DDR|Minister für Hoch- und Fachschulwesen]] der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]].
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'''Ernst-Joachim Gießmann''' (* 12. Februar 1919 in [[Berlin]]; † 17. Oktober 2004 in [[Neuhof (Zossen)|Neuhof]])<ref>Traueranzeige in [[Neues Deutschland]] vom 19. Oktober 2004</ref> war ein deutscher Physiker und Hochschullehrer. Er war [[Rektor]] in Magdeburg sowie anschließend Staatssekretär und [[Ministerium für das Hoch- und Fachschulwesen der DDR|Minister für Hoch- und Fachschulwesen]] der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]].
   
 
== Leben ==
 
== Leben ==
Gießmann entstammte einer Lehrerfamilie aus [[Friedrichsthal (Oranienburg)|Friedrichsthal]] bei Oranienburg, die dem Lehrerberuf seit vielen Generationen treu war.<ref>Porträt und Interview in der [[Berliner Zeitung]] vom 9. September 1975</ref> Nach dem Besuch der Grundschule in Friedrichsthal, des Reform-Realgymnasiums in Oranienburg und dem Abitur 1937 trat er gleich anschließend in die [[NSDAP]] ein (Mitgl.-Nr 4509402). Das Studium der Mathematik und Physik an der Technischen Hochschule und der Universität Berlin schloss er 1943 als Diplomphysiker ab. Einer seiner bedeutenden Lehrer war der Nobelpreisträger [[Werner Heisenberg]].<ref>Neues Deutschland vom 11./12. Februar 1989</ref> 1943 wurde er zum Militärdienst herangezogen, blieb aber von 1943 bis 1945 Mitarbeiter am Institut für Technische Physik der Technischen Hochschule Berlin.<ref>Handbuch der Volkskammer 1959</ref>
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Gießmann entstammte einer Lehrerfamilie<ref>Sein Vater Ernst Gießmann war zugleich Kantor sowie später Prediger (Pfarrer) in der früheren Kirchenprovinz Berlin-Brandenburg laut Pfarralmanach, Berlin 1956.</ref> aus [[Friedrichsthal (Oranienburg)|Friedrichsthal]] bei Oranienburg.<ref>Porträt und Interview in der [[Berliner Zeitung]] vom 9. September 1975</ref> Er wurde 1933 von [[Kurt Scharf]] konfirmiert und wurde später Mitglied der [[Bekennende Kirche|Bekennenden Kirche]]. Nach dem Besuch der Grundschule in Friedrichsthal, des Reform-Realgymnasiums in Oranienburg und dem Abitur 1937 trat er in die [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] ein (Mitgl.-Nr. 4509402). Das Studium der Mathematik und Physik an der Technischen Hochschule und der Universität Berlin schloss er 1943 als Diplomphysiker ab. Einer seiner Lehrer war der Nobelpreisträger [[Werner Heisenberg]].<ref>Neues Deutschland vom 11./12. Februar 1989</ref> 1943 wurde er zum Militärdienst herangezogen, blieb aber von 1943 bis 1945 Mitarbeiter am Institut für Technische Physik der Technischen Hochschule Berlin.<ref>Handbuch der Volkskammer 1959</ref>
   
Nach 1945 arbeitete Gießmann im Auftrag seiner Partei, der [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]], als [[Neulehrer]]<ref>Neues Deutschland vom 11./12. Februar 1989</ref> und Schuldirektor in [[Oranienburg]] und [[Frankfurt (Oder)]]. 1945 wurde er Mitglied des [[Freier Deutscher Gewerkschaftsbund|FDGB]] und des [[Kulturbund der DDR|Kulturbundes]], 1946 der [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED]]. Er wurde zum Dr. rer. nat. promoviert und war von 1946 bis 1948 Stadtverordneter in Oranienburg. Von 1948 bis 1951 war er als Leiter der Abteilung Wissenschaft in der Landesregierung Brandenburg in Potsdam und danach als Leiter der metallurgischen Forschung im Ministerium für Schwermaschinenbau der DDR in Berlin tätig.
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Nach 1945 arbeitete Gießmann im Auftrag seiner Partei, der [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]], als [[Neulehrer]]<ref>Neues Deutschland vom 11./12. Februar 1989</ref> und Schuldirektor am ehemaligen Reform-Realgymnasium in [[Oranienburg]]<ref>In seiner Direktorenzeit erhielt die Schule den Namen von Friedlieb Ferdinand Runge ([[Runge-Gymnasium]])</ref> und [[Frankfurt (Oder)]]. 1945 wurde er Mitglied des [[Freier Deutscher Gewerkschaftsbund|FDGB]] und des [[Kulturbund der DDR|Kulturbundes]], 1946 der [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED]]. Er wurde zum Dr. rer. nat. promoviert und war von 1946 bis 1948 Stadtverordneter in Oranienburg. Von 1948 bis 1951 war er als Leiter der Abteilung Wissenschaft in der Landesregierung Brandenburg in Potsdam und danach als Leiter der metallurgischen Forschung im Ministerium für Schwermaschinenbau der DDR in Berlin tätig.
   
Von 1951 bis 1953 war er Oberassistent an der [[Pädagogische Hochschule „Karl Liebknecht“|Pädagogischen Hochschule „Karl Liebknecht“]] in [[Potsdam]]. Nach seiner Habilitation 1954 mit der Arbeit ''Festigkeitsverhalten von Stahl bei hohen Deformationsgeschwindigkeiten'' wurde er als [[Professor|ordentlicher Professor]] und Direktor des Physikalischen Instituts an die 1953 gegründete [[TH Magdeburg|Hochschule für Schwermaschinenbau Magdeburg]], seit 1961 [[TH Magdeburg|Technische Hochschule Otto-von-Guericke Magdeburg]] berufen. Von 1956 bis 1962 war er hier auch amtierender [[Rektor]]. Gleichzeitig war er Mitglied der SED-Bezirksleitung Magdeburg.
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Von 1951 bis 1953 war er Oberassistent an der [[Pädagogische Hochschule „Karl Liebknecht“|Pädagogischen Hochschule „Karl Liebknecht“]] in [[Potsdam]]. Nach seiner Habilitation 1954 mit der Arbeit ''Festigkeitsverhalten von Stahl bei hohen Deformationsgeschwindigkeiten'' wurde er als [[Professor|ordentlicher Professor]] und Direktor des Physikalischen Instituts an die 1953 gegründete [[TH Magdeburg|Hochschule für Schwermaschinenbau Magdeburg]], seit 1961 [[TH Magdeburg|Technische Hochschule Otto-von-Guericke Magdeburg]] berufen. Von 1956 bis 1962 war er dort [[Rektor]]. Gleichzeitig war er Mitglied der SED-Bezirksleitung Magdeburg.
   
Von 1954 bis 1957 wirkte er als Mitglied der [[Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse|Urania]] und 1954 bis 1990 der Physikalischen Gesellschaft, seit 1984 als stellvertretender Vorsitzender. Außerdem war er von 1957 bis 1965 Mitglied der Sektion Physik der [[Akademie der Wissenschaften der DDR|Deutschen Akademie der Wissenschaften]] und von 1958 bis 1963 als Mitglied der Fraktion des Kulturbundes Abgeordneter der [[Volkskammer]]. Seit 1958 war er Vizepräsident, später Vorsitzender der Zentralen Kommission Wissenschaft des Kulturbundes<ref>Berliner Zeitung vom 20. September 1989</ref> und bis 1989 Vorsitzender des Clubs der [[Kulturschaffender|Kulturschaffenden]].
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Von 1954 bis 1957 wirkte er als Mitglied der [[Urania (DDR)|Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse Urania]] und 1954 bis 1990 der Physikalischen Gesellschaft, seit 1984 als stellvertretender Vorsitzender. Außerdem war er von 1957 bis 1965 Mitglied der Sektion Physik der [[Akademie der Wissenschaften der DDR|Deutschen Akademie der Wissenschaften]] und von 1958 bis 1963 als Mitglied der Fraktion des Kulturbundes Abgeordneter der [[Volkskammer]]. Seit 1958 war er Vizepräsident, später Vorsitzender der Zentralen Kommission Wissenschaft des Kulturbundes<ref>Berliner Zeitung vom 20. September 1989</ref> und bis 1989 Vorsitzender des ''Clubs der Kulturschaffenden''.
   
Von Juli 1962 bis Juli 1967 amtierte Gießmann als [[Staatssekretär|Staatssekretär für Hoch- und Fachschulwesen]] und anschließend bis September 1970 in dem neu gebildeten [[Ministerium für das Hoch- und Fachschulwesen der DDR]] als [[Minister]]. In dieser Eigenschaft hat er auch die [[Hochschulreform|Dritte Hochschulreform]] von 1968 durchgeführt, die parallel von einer Reform der [[Deutsche Akademie der Wissenschaften|Deutschen Akademie der Wissenschaften]] (DAW) unter dem Präsidenten [[Hermann Klare]] begleitet war. Danach war Gießmann bis zu seiner Emeritierung 1984 Professor für Physik an der Ingenieurhochschule [[Berlin-Wartenberg]].
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Von Juli 1962 bis Juli 1967 amtierte Gießmann als [[Staatssekretär|Staatssekretär für Hoch- und Fachschulwesen]] und anschließend bis September 1970 im neu gebildeten [[Ministerium für das Hoch- und Fachschulwesen der DDR]] als [[Minister]]. In dieser Eigenschaft hat er auch die [[Hochschulreform|Dritte Hochschulreform]] von 1968 durchgeführt, die parallel von einer Reform der [[Deutsche Akademie der Wissenschaften|Deutschen Akademie der Wissenschaften]] (DAW) unter dem Präsidenten [[Hermann Klare]] begleitet war. Danach war Gießmann bis zu seiner Emeritierung 1984 Professor für Physik an der Ingenieurhochschule [[Berlin-Wartenberg]].
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=== Förderer der Naturwissenschaften ===
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Gießmann als zuständiger Staatssekretär für das DDR-Hoch- und Fachschulwesen war zugegen, als 1965 [[Kurt Mothes]] Lehrstuhlinhaber für Biochemie der Pflanzen und Direktor der botanischen Anstalten der [[Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg]] und des Instituts für Biochemie der Pflanzen der damaligen Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin sowie Präsident der Deutschen Akademie der Naturforscher [[Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina| Leopoldina]] mit dem Ehrentitel „Hervorragender Wissenschaftler des Volkes“ von [[Walter Ulbricht|Ulbricht]] ausgezeichnet wurde.<ref>Berliner Zeitung, 5. November 1965, S. 1</ref> Vier Jahre später sprach Gießmann auf der Jahresversammlung der „Leopoldina“, die seit 1878 ihren Sitz in Halle (Saale) hatte, vor deutschen und internationalen Wissenschaftlern aus West- und Osteuropa Begrüßungsworte seitens der DDR-Regierung als Minister für das Hoch- und Fachschulwesen. Nach Gießmanns Ausscheiden aus dem Ministeramt „im Interesse seines Gesundheitszustandes“<ref>Neues Deutschland, 17. September 1970, S. 2</ref> und der Wiederaufnahme seiner Tätigkeit als Physikprofessor<ref>Neues Deutschland,. 11. Februar 1989 S 4</ref> nahm sein Nachfolger, [[Hans-Joachim Böhme (Minister)|Hans-Joachim Böhme]], am Eröffnungstag an Jahresversammlungen der „Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina“ mehrmals teil und das Ministerium setzte die Unterstützung für die ''Leopoldina'' fort.<ref>Berliner Zeitung, 11. Oktober 1975 </ref> Die „Leopoldina“ sei eine der „ganz wenigen Klammern“ zwischen Ost und West gewesen, hieß es in einer Bewertung nach der Wiedervereinigung.<ref>Neue Zeit, 15. Januar 1991, S. 6</ref>
   
 
== Auszeichnungen und Ehrungen ==
 
== Auszeichnungen und Ehrungen ==
* 1959 [[Vaterländischer Verdienstorden]] in Silber
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* 1959: [[Vaterländischer Verdienstorden]] in Silber
* 1969 Orden [[Banner der Arbeit]]
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* 1969: Orden [[Banner der Arbeit]]
* 1975 [[Humboldt-Medaille]] in Gold
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* 1975: [[Humboldt-Medaille]] in Gold
* 1989 [[Gustav-Hertz-Preis|Gustav-Hertz-Medaille]]
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* 1989: [[Gustav-Hertz-Preis|Gustav-Hertz-Medaille]]
* Am 11. Mai 1983 verlieh ihm die [[Technische Universität Magdeburg|Technische Hochschule Otto-von-Guericke Magdeburg]]<ref>[[Volksstimme]] vom 12. Mai 1983</ref> (von 1953-1961 Hochschule für Schwermaschinenbau Magdeburg, von 1961-1987 TH Magdeburg und dann von 1987-1993 Technische Universität Otto-von-Guericke Magdeburg) die Würde eines [[Ehrendoktor]]s für den Aufbau von Strukturen, Forschungsfeldern und seine ingenieurwissenschaftlichen und wissenschaftshistorischen Arbeiten, insbesondere für seine geschichtlichen Beiträge über [[Lazare Carnot]] - französischer Offizier, Mathematiker, Revolutionär und Kriegsminister unter Napoleon I. Nach dessen Niederlagen, für die 1813 die [[Völkerschlacht von Leipzig]] entscheidend war, fand Carnot sein Exil im Preußischen Königreich und wurde Magdeburger Bürger. Gießmann hatte sich tief in diese Geschichte eingearbeitet, recherchierte intensiv in Archiven und veröffentlichte mehrere Beiträge, in denen neue Einzelaspekte der Beziehungen zwischen Preußen und Lazare Carnot sichtbar wurden.
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* 1983: [[Ehrendoktor]]würde der [[Technische Universität Magdeburg|Technischen Hochschule Otto-von-Guericke Magdeburg]]<ref>[[Volksstimme]] vom 12. Mai 1983</ref> für den Aufbau von Strukturen, Forschungsfeldern und seine ingenieurwissenschaftlichen und wissenschaftshistorischen Arbeiten, insbesondere für seine geschichtlichen Beiträge über [[Lazare Carnot]].
* Am 12. April 1989 wurde Gießmann feierlich die [[Ehrendoktor|Ehrenpromotion]] eines ''doctor agriculturarum honoris causa'' für die besondere Leistung in der [[Agrophysik]] von der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften (AdL) verliehen.
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* 1989: [[Ehrendoktor|Ehrenpromotion]] eines ''doctor agriculturarum honoris causa'' für die besondere Leistung in der [[Agrophysik]], verliehen von der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften (AdL).
   
 
== Schriften ==
 
== Schriften ==
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== Literatur ==
 
== Literatur ==
* ''Handbuch der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik'', 3. Wahlperiode, Kongress-Verlag Berlin, 1959
 
 
* {{Munzinger|00000009921|Ernst-Joachim Gießmann||in: ''Internationales Biographisches Archiv'' 07/1971 vom 8. Februar 1971}}
 
* {{Munzinger|00000009921|Ernst-Joachim Gießmann||in: ''Internationales Biographisches Archiv'' 07/1971 vom 8. Februar 1971}}
 
* {{WWW-DDR|992|Giessmann, Ernst-Joachim}}
 
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Aktuelle Version vom 2. Oktober 2019, 07:56 Uhr

Bundesarchiv Bild 183-G1004-0021-001, Berlin, 12

Ernst-Joachim Gießmann (stehend), 1968

Ernst-Joachim Gießmann (* 12. Februar 1919 in Berlin; † 17. Oktober 2004 in Neuhof)[1] war ein deutscher Physiker und Hochschullehrer. Er war Rektor in Magdeburg sowie anschließend Staatssekretär und Minister für Hoch- und Fachschulwesen der DDR.

Leben[]

Gießmann entstammte einer Lehrerfamilie[2] aus Friedrichsthal bei Oranienburg.[3] Er wurde 1933 von Kurt Scharf konfirmiert und wurde später Mitglied der Bekennenden Kirche. Nach dem Besuch der Grundschule in Friedrichsthal, des Reform-Realgymnasiums in Oranienburg und dem Abitur 1937 trat er in die NSDAP ein (Mitgl.-Nr. 4509402). Das Studium der Mathematik und Physik an der Technischen Hochschule und der Universität Berlin schloss er 1943 als Diplomphysiker ab. Einer seiner Lehrer war der Nobelpreisträger Werner Heisenberg.[4] 1943 wurde er zum Militärdienst herangezogen, blieb aber von 1943 bis 1945 Mitarbeiter am Institut für Technische Physik der Technischen Hochschule Berlin.[5]

Nach 1945 arbeitete Gießmann im Auftrag seiner Partei, der KPD, als Neulehrer[6] und Schuldirektor am ehemaligen Reform-Realgymnasium in Oranienburg[7] und Frankfurt (Oder). 1945 wurde er Mitglied des FDGB und des Kulturbundes, 1946 der SED. Er wurde zum Dr. rer. nat. promoviert und war von 1946 bis 1948 Stadtverordneter in Oranienburg. Von 1948 bis 1951 war er als Leiter der Abteilung Wissenschaft in der Landesregierung Brandenburg in Potsdam und danach als Leiter der metallurgischen Forschung im Ministerium für Schwermaschinenbau der DDR in Berlin tätig.

Von 1951 bis 1953 war er Oberassistent an der Pädagogischen Hochschule „Karl Liebknecht“ in Potsdam. Nach seiner Habilitation 1954 mit der Arbeit Festigkeitsverhalten von Stahl bei hohen Deformationsgeschwindigkeiten wurde er als ordentlicher Professor und Direktor des Physikalischen Instituts an die 1953 gegründete Hochschule für Schwermaschinenbau Magdeburg, seit 1961 Technische Hochschule Otto-von-Guericke Magdeburg berufen. Von 1956 bis 1962 war er dort Rektor. Gleichzeitig war er Mitglied der SED-Bezirksleitung Magdeburg.

Von 1954 bis 1957 wirkte er als Mitglied der Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse Urania und 1954 bis 1990 der Physikalischen Gesellschaft, seit 1984 als stellvertretender Vorsitzender. Außerdem war er von 1957 bis 1965 Mitglied der Sektion Physik der Deutschen Akademie der Wissenschaften und von 1958 bis 1963 als Mitglied der Fraktion des Kulturbundes Abgeordneter der Volkskammer. Seit 1958 war er Vizepräsident, später Vorsitzender der Zentralen Kommission Wissenschaft des Kulturbundes[8] und bis 1989 Vorsitzender des Clubs der Kulturschaffenden.

Von Juli 1962 bis Juli 1967 amtierte Gießmann als Staatssekretär für Hoch- und Fachschulwesen und anschließend bis September 1970 im neu gebildeten Ministerium für das Hoch- und Fachschulwesen der DDR als Minister. In dieser Eigenschaft hat er auch die Dritte Hochschulreform von 1968 durchgeführt, die parallel von einer Reform der Deutschen Akademie der Wissenschaften (DAW) unter dem Präsidenten Hermann Klare begleitet war. Danach war Gießmann bis zu seiner Emeritierung 1984 Professor für Physik an der Ingenieurhochschule Berlin-Wartenberg.

Förderer der Naturwissenschaften[]

Gießmann als zuständiger Staatssekretär für das DDR-Hoch- und Fachschulwesen war zugegen, als 1965 Kurt Mothes Lehrstuhlinhaber für Biochemie der Pflanzen und Direktor der botanischen Anstalten der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und des Instituts für Biochemie der Pflanzen der damaligen Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin sowie Präsident der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina mit dem Ehrentitel „Hervorragender Wissenschaftler des Volkes“ von Ulbricht ausgezeichnet wurde.[9] Vier Jahre später sprach Gießmann auf der Jahresversammlung der „Leopoldina“, die seit 1878 ihren Sitz in Halle (Saale) hatte, vor deutschen und internationalen Wissenschaftlern aus West- und Osteuropa Begrüßungsworte seitens der DDR-Regierung als Minister für das Hoch- und Fachschulwesen. Nach Gießmanns Ausscheiden aus dem Ministeramt „im Interesse seines Gesundheitszustandes“[10] und der Wiederaufnahme seiner Tätigkeit als Physikprofessor[11] nahm sein Nachfolger, Hans-Joachim Böhme, am Eröffnungstag an Jahresversammlungen der „Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina“ mehrmals teil und das Ministerium setzte die Unterstützung für die Leopoldina fort.[12] Die „Leopoldina“ sei eine der „ganz wenigen Klammern“ zwischen Ost und West gewesen, hieß es in einer Bewertung nach der Wiedervereinigung.[13]

Auszeichnungen und Ehrungen[]

  • 1959: Vaterländischer Verdienstorden in Silber
  • 1969: Orden Banner der Arbeit
  • 1975: Humboldt-Medaille in Gold
  • 1989: Gustav-Hertz-Medaille
  • 1983: Ehrendoktorwürde der Technischen Hochschule Otto-von-Guericke Magdeburg[14] für den Aufbau von Strukturen, Forschungsfeldern und seine ingenieurwissenschaftlichen und wissenschaftshistorischen Arbeiten, insbesondere für seine geschichtlichen Beiträge über Lazare Carnot.
  • 1989: Ehrenpromotion eines doctor agriculturarum honoris causa für die besondere Leistung in der Agrophysik, verliehen von der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften (AdL).

Schriften[]

  • Wie sich Geschosse bewegen. Kleine Einführung in die Ballistik, Leipzig 1955
  • Über Wissenschaft und technische Revolution beim umfassenden Aufbau des Sozialismus in der DDR, Berlin 1966
  • Physikalisch-technische Methoden und ihre Anwendung in Landwirtschaft und Technik, Berlin 1984

Literatur[]

Einzelnachweise[]

  1. Traueranzeige in Neues Deutschland vom 19. Oktober 2004
  2. Sein Vater Ernst Gießmann war zugleich Kantor sowie später Prediger (Pfarrer) in der früheren Kirchenprovinz Berlin-Brandenburg laut Pfarralmanach, Berlin 1956.
  3. Porträt und Interview in der Berliner Zeitung vom 9. September 1975
  4. Neues Deutschland vom 11./12. Februar 1989
  5. Handbuch der Volkskammer 1959
  6. Neues Deutschland vom 11./12. Februar 1989
  7. In seiner Direktorenzeit erhielt die Schule den Namen von Friedlieb Ferdinand Runge (Runge-Gymnasium)
  8. Berliner Zeitung vom 20. September 1989
  9. Berliner Zeitung, 5. November 1965, S. 1
  10. Neues Deutschland, 17. September 1970, S. 2
  11. Neues Deutschland,. 11. Februar 1989 S 4
  12. Berliner Zeitung, 11. Oktober 1975
  13. Neue Zeit, 15. Januar 1991, S. 6
  14. Volksstimme vom 12. Mai 1983


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