Das Fußballspiel 1. FC Lokomotive Leipzig - Girondins Bordeaux 6:5 i.E. (0:1 n.V.) war das Halbfinal-Rückspiel im Europapokal der Pokalsieger 1986/1987 und fand am 22. April 1987 im Zentralstadion in Leipzig statt. Der 1. FC Lokomotive Leipzig setzte sich erst nach Elfmeterschießen gegen die französische Vertretung von Girondins Bordeaux durch. Zum Held des Abends avancierte dabei der Leipziger Torhüter René Müller. Er hielt zwei Elfmeter und schoss den entscheidenden Elfmeter selbst - ins linke obere Eck.
Dieses Spiel ging auch wegen der ungewöhnlich hohen Zuschauerzahl in die Geschichte ein. Das Zentralstadion Leipzig war zum Zeitpunkt des Spieles das größte deutsche Stadion. Die Offiziellen hatten das Zuschauerinteresse an diesem Spiel schlichtweg unterschätzt. Daher wurden nur 73.000 Eintrittskarten gedruckt. Die tatsächliche Zuschauerzahl lag aber zwischen 93.000[1] und 100.000[2] (Quellen siehe unten). Diese Zuschauerzahl wurde nach diesem 22. April 1987 bis zum heutigen Tage nie wieder in einem Stadion auf deutschem Boden bei einem Fußballspiel erreicht.
Spieldaten[]
1. FC Lokomotive Leipzig | Girondins Bordeaux | ||
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Ergebnis: 0:1 (0:1, 0:1) n. V. - Elfmeterschießen 6:5 Wettbewerb: Halbfinal-Rückspiel im Europapokal der Pokalsieger 1986/1987 Datum: Mittwoch, den 22. April 1987, 20 Uhr unter Flutlicht Stadion: Zentralstadion Leipzig offiziell verkaufte Eintrittskarten: 73.000 tatsächliche Zuschauerzahl: 93.000[1] bis 100.000[2] Schiedsrichterkollektiv: George Courtney, John L. Watson, Peter Brennan (alle England) |
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1 René Müller |
1 Dominique Dropsy | ||
0:1 Zlatko Vujovic (3.) | |||
Trainer: Hans-Ulrich "Uli" Thomale | Trainer: Aimé Jacquet |
Das Elfmeterschießen[]
- 0:1 Jose Toure
- 1:1 Matthias Lindner
- 1:1 Philippe Vercruysse (gehalten)
- 1:1 Matthias Liebers (gehalten)
- 1:2 Gernot Rohr
- 2:2 Olaf Marschall
- 2:3 Girard
- 3:3 Uwe Zötzsche
- 3:4 Alain Roche
- 4:4 Dieter Kühn
- 4:5 Jean Tigana
- 5:5 Wolfgang Altmann
- 5:5 Zoran Vujovic (gehalten)
- 6:5 René Müller
Besondere Vorkommnisse[]
- Das 0:1 fiel in der 3. Minute. Als offizieller Torschütze wurde Zlatko Vujovic angegeben. Wenn man sich die Szene aber in extremer Zeitlupe anschaut, sieht man, daß Zlatko Vujovic den Ball überhaupt nicht berührt hat. Anstatt dessen springt der Ball an das Knie von Matthias Lindner und von dort ins Tor. Es war eindeutig ein Eigentor von Matthias Lindner.
- In der 108. Spielminute gibt Schiedsrichter George Courtney Elfmeter für Lok Leipzig. Es tritt Uwe Zötzsche an und schießt in die linke Ecke. Aber Dropsy hält diesen Elfmeter. Der Nachschuß von Olaf Marschall landet an der Latte. Beim späteren Elfmeterschießen beweist Uwe Zötzsche unglaublichen Mut, läuft nochmal an, wählt diesmal die rechte Ecke und trifft!
- Lok-Torwart René Müller hat beim Elfmeterschießen gerade seinen zweiten Elfmeter gehalten, schnappt sich nun selbst den Ball und schießt diesen entscheidenden Elfmeter selbst - ins linke obere Eck. Das Stadion kocht. Lok ist im Finale. Von Kap Arkona bis zum Fichtelberg verfolgen die Zuschauer an den Fernsehgeräten gebannt die Live-Übertragung des DDR-Fernsehens (Reporter Joachim Schröter). Dieser Moment gilt unbestritten als der emotionalste Moment in der Geschichte des DDR-Fußballs.
Zitat: "Als nächster schnappt sich Zoran Vujovic, der Bruder des Torschützen, den Ball. Doch Rene Müller spekuliert auf die richtige Ecke - es steht immer noch 5:5. Ronald Kreer atmet tief durch und marschiert los. Nun muss er doch ran. Von hinten rufen seine Mannschaftskameraden etwas hinterher. Er hört nichts mehr. Nach zehn, vielleicht auch zwanzig Schritten schaut Ronald Kreer zum ersten Mal in Richtung Tor. Was ist das? Rene Müller geht mit dem Ball in der Hand zum Elfmeterpunkt. Drei Schritte Anlauf, ein trockener Schuss in die linke Ecke - 6:5. Schluss, aus, vorbei - Finale. Das Stadion verwandelt sich in ein Tollhaus. Die Spieler stürmen zu Rene Müller, begraben den Helden unter ihren Körpern. Die Zuschauer tanzen auf den Bänken, liegen sich in den Armen, es regnet Sitzkissen. Zehntausende ziehen singend vom Zentralstadion zum Hauptbahnhof. Sogar die Polizisten feiern mit. "Wir hatten zwar Elfmeter trainiert und der Rene hat auch mal einen draufgehauen. Aber das war nicht abgesprochen. Im Spiel hat er nie einen Elfer geschossen. Wenn ich ehrlich bin, war ich ganz schön froh, dass ich nicht da vorne sein musste", erinnert sich Ronald Kreer an den schönsten Augenblick seiner Karriere."[4]
Wie viele Zuschauer sahen dieses Spiel wirklich?[]
Wenn man die offizielle Zuschauerzahl (73.000) unkommentiert im Raum stehen lassen würde, so läge man fernab der Wahrheit. Um zu verstehen, wie viele Zuschauer wirklich im Stadion waren, sollen 2 Zitate aus 2 verschiedenen Büchern angefügt werden:
Andreas Debski: "Das Halbfinale: Der Elfmeterkrimi - "So etwas kannst du nicht trainieren. Wenn du vor 100.000 Leuten einen Elfmeter schießen musst, wird das Tor immer kleiner. Du denkst, du stehst an der Mittellinie." Hans-Jörg Leitzke leidet mit Uwe Zötzsche, der in diesem Moment anlaufen muss. Der 1. FC Lokomotive Leipzig spielt an diesem 22. April 1987 zum ersten Mal vor ausverkauftem Haus. Die Offiziellen geben die Zuschauerzahl später mit 73.000 an. Ein Witz. Es mögen vielleicht so viele Karten verkauft worden sein. Doch die Ordner lassen gegen ein Handgeld von zehn Mark jeden herein, der will. Die Menschen quetschen sich im Zentralstadion auf Sitzbänke und Treppen. Junge Männer mit Schnurrbärten nehmen ihre Freundinnen auf den Schoß, um für das nächste Pärchen Platz zu schaffen. Dass etwas Schreckliches passieren könnte, so wie vor zwei Jahren im Brüsseler Heysel-Stadion, daran denkt hier niemand."[5]
Werner Skrentny: "Lok Leipzig wich zu "großen Spielen" stets ins Zentralstadion aus. Unvergessen dabei das EC-Halbfinale der Pokalsieger 1987 gegen Girondins Bordeaux, als am 22. April vor 73.000 zahlenden und 20.000 nicht zahlenden Besuchern Lok mit dem 6:5 n.E. das Endspiel erreichte und Torhüter Rene Müller den entscheidenden Elfmeter verwandelte (Finale 0:1 gegen Ajax)."[1]
Auch bei anderen Spielen weichen die Zuschauerzahlen in beiden Büchern voneinander ab. In der folgenden Tabelle kann der Leser die Zuschauerzahlen beider Bücher von ausgewählten Spielen vergleichen:
or="#FFCBCB" |Datum !! bgcolor="#FFCBCB" |Ansetzung !! bgcolor="#FFCBCB" |Ergebnis !! bgcolor="#FFCBCB" |Werner Skrentny: Das grosse Buch der deutschen Fußballstadien !! bgcolor="#FFCBCB" |Andreas Debski, Michael Kraske, Ingolf Rackwitz: Zentralstadion Leipzig. Vom Stadion der Hunderttausend zum Fussballtempel
, Ingolf Rackwitz: Zentralstadion Leipzig. Vom Stadion der Hunderttausend zum Fussballtempel
05.08.1956 | SC Wismut Karl-Marx-Stadt - Honved Budapest | 1:3 | 100.000 (Flutlicht-Premiere) |
100.000 (das erste Fußballspiel in der neuen Schüssel) |
06.08.1956 | Stadtauswahl Leipzig - Dynamo Stalinstadt (Rumänien) | 1:1 | 100.000 | 100.000 |
08.09.1956 | SC Rotation Leipzig - SC Lokomotive Leipzig (unter Flutlicht) [gesamtdeutscher Punktspiel-Rekord] |
1:2 | 100.000 | 100.000 |
06.10.1956 | SC Wismut Karl-Marx-Stadt - 1. FC Kaiserslautern (Fritz Walters Jahrhunderttor mit der Hacke) | 3:5 | 110.000 (andere Angaben 100.000) sollen es gewesen sein | etwa 110.000 |
19.05.1957 | DDR - Wales | 2:1 | 105.000 | 108.000 |
27.10.1957 | DDR - CSR | 1:4 | 110.000 Zuschauerrekord (weitere 10.000 sollen auf der Dammkrone und den Zugangstreppen gestanden haben) |
120.000 |
09.11.1957 | UdSSR - Polen * | 2:0 | 110.000 Zuschauerrekord |
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26.09.1973 | DDR - Rumänien | 2:0 | 95.000 | |
21.11.1979 | DDR - Niederlande | 2:3 | 92.000 | |
22.04.1987 | Lok Leipzig - Girondins Bordeaux | }* |}* WM-Qualifikation (Entscheidungsspiel auf neutralem Platz - somit UdSSR qualifiziert für die WM 1958 in Schweden)
Auf der Wikipedia-Seite des 1. FC Lokomotive Leipzig ist zu lesen: "Beim Rückspiel im ausverkauften Leipziger Zentralstadion vor offiziell 73.000 Zuschauern - nach inoffiziellen Angaben waren bis zu 120.000 Zuschauer anwesend - konnte Girondins Bordeaux durch einen frühen Treffer das Hinspielergebnis egalisieren." Im Folgenden soll nun aufgezeigt werden, warum eine Zuschauerzahl von "bis zu 120.000" im Jahr 1987 im Zentralstadion gar nicht mehr möglich war. Einweihung des Stadions war am 04.08.1956 während des II. Deutschen Turn- und Sportfestes (2.–5. August 1956). Das war auch der Zeitpunkt, wo das Stadion das größte Fassungsvermögen besaß, nämlich 100.000 Sitzplätze. Durch folgende Maßnahmen verringerte sich das Fassungsvermögen über die Jahre immer weiter: 1.) 2.) Durch den massiven Ausbau der Ehrentribüne von 300 auf letztendlich 1.200 Plätze hat sich das Fassungsvermögen deutlich verringert. Somit verwundert es nicht, daß das Fassungsvermögen von ehemals 100.000 Sitzplätzen ab 1977 auf nun 93.000 Sitzplätze geschrumpft war. 3.) 4.) 5.) Gewiß, beim Spiel Lok-Bordeaux waren nicht nur alle 93.000 Sitzplätze besetzt, sondern auch die Zugangstreppen hoffnungslos verstopft. Somit scheint eine Zuschauerzahl von etwa 100.000 realistisch. Die genaue Zuschauerzahl wird sich wohl niemals ermitteln lassen, da offensichtlich die Zuschauer nicht gezählt wurden, die von den Ordnern gegen ein Handgeld von zehn Mark hereingelassen wurden. Zieht man aber alle oben genannten 5 Punkte in Betracht, so muß auch der allergrößte Lok-Fan erkennen, daß der Zuschauerrekord aus dem Jahr 1957 beim Spiel Lok-Bordeaux schlichtweg nicht mehr erreicht werden konnte. Das Stadion ließ im Jahr 1987 solche Zuschauerzahlen (insbesondere wegen der massiven Vergrößerung der Ehrentribüne) einfach nicht mehr zu. Weblinks[]
Einzelnachweise[]
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