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Ein Bahnhof (abgekürzt Bf oder Bhf) ist eine Verkehrs- und Betriebsanlage einer Bahn, zum Beispiel einer Eisenbahn.
Definitionen und Benennungen[]
Der Begriff Bahnhof wird in verschiedenen Bedeutungen verwendet:
- Fachsprachlich ist der Bahnhof in Deutschland durch die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung in § 4 Abs. (2) EBO definiert:
- „Bahnhöfe sind Bahnanlagen mit mindestens einer Weiche, wo Züge beginnen, enden, ausweichen oder wenden dürfen.“
- Damit gehört in Deutschland der Bahnhof als Betriebsstelle zur Gruppe der Zugmeldestellen.
- Nach der österreichischen Definition muss ein Bahnhof nicht unbedingt eine Weiche, jedoch Signale aufweisen:
- „Bahnhöfe sind Betriebsstellen, in denen Züge beginnen, enden, oder einander ausweichen können. Bahnhöfe werden von Einfahrsignalen oder Trapeztafeln begrenzt…“[1]
- Umgangssprachlich ist ein Bahnhof eine Anlage, an der Reisende Züge besteigen oder verlassen dürfen, Güter auf Züge ver- oder von diesen entladen oder Züge neu zusammengestellt oder umgruppiert werden.
- Umgangssprachlich ist ein Bahnhof auch das Bahnhofsgebäude, das jedoch in der Fachsprache als Empfangsgebäude (in der Schweiz und in Österreich: Aufnahmegebäude) bezeichnet wird.
- Haltepunkte bei U-Bahnen werden – sowohl von den Verkehrsbetrieben, als auch umgangssprachlich – z. T. ebenfalls als Bahnhöfe bezeichnet.
Somit sind viele umgangssprachlich „Bahnhof“ genannte Anlagen aus betrieblicher Sicht Haltepunkte.
Hauptbahnhof[]
Gibt es mehrere Bahnhöfe an einem Ort, von denen einer den anderen betrieblich übergeordnet ist oder das zumindest historisch einmal war, wird dieser häufig als Hauptbahnhof bezeichnet. Dieser liegt meistens – aber nicht notwendigerweise – an zentraler Stelle im Ort und ist verkehrstechnisch gut erschlossen, insbesondere als zentraler Verknüpfungspunkt verschiedener Zuglinien.
Geschichte[]
Anfangsphase[]
Bahnhöfe wurden für den Betrieb einer Eisenbahn sofort notwendig, da die Fahrzeuge abgestellt werden – daher die deutsche Bezeichnung: Bahn-Hof –, Züge gebildet und Reisenden und Gütern eine Gelegenheit gegeben werden musste, den Zug zu erreichen. Erste Vorbilder waren hinsichtlich der Empfangsgebäude die Relaisstationen des Postverkehrs, die ebenfalls Warteräume und Fahrschein-Ausgaben beherbergten. Da Züge aber länger als Postkutschen waren und die Zahl der Reisenden höher, kamen bald Bahnsteige, Bahnsteigüberdachungen und – vor allem in den Endbahnhöfen – Bahnsteighallen hinzu.
Da in der Anfangszeit der Eisenbahn das reisende Publikum mit der neuen Technik noch nicht vertraut war und deren Gefahren unterschätzte – oder die Eisenbahnverwaltungen davon zumindest ausgingen – wurde der Kontakt zwischen den Reisenden und dem Zug streng reglementiert: Reisende durften den Bahnsteig erst betreten, wenn der Zug dort zum Stehen gekommen war[2] und die Reisenden wurden, bevor der Zug sich in Bewegung setzte, in den Wagen eingeschlossen.[3] Nach dem Eisenbahnunfall von Versailles am 8. Mai 1842, bei dem es über 50 Tote gab, da die Reisenden sich selbst nicht mehr aus dem brennenden Zug befreien konnten, wurde darauf bald verzichtet. Die baulichen Maßnahmen, ein möglichst strenger Ausschluss von Nichtberechtigten beim Betreten des Bahnhofsgeländes, wurden aber beibehalten.[4] Die Bahnhofsgebäude aus dieser Frühphase der Eisenbahn waren vorrangig an technischen Notwendigkeiten orientiert und im allgemeinen bescheiden dimensioniert und ausgeführt. Ein Beispiel dafür waren die weitestgehend in Holz errichteten Empfangsanlagen der Bayerischen Ludwigsbahn, der ersten deutschen Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth. Empfangsgebäude dieser Phase sind heute nicht mehr erhalten.
1850 bis 1880[]
Das Empfangsgebäude des Bahnhofs war allerdings der repräsentativste und gegenüber Öffentlichkeit und Reisenden publikumswirksamste Ort für die Selbstdarstellung der Eisenbahngesellschaften. Hinzu trat, dass die Eisenbahn in dieser Zeit den Fortschritt symbolisierte und ein großer wirtschaftlicher Erfolg war. Deshalb wurden dort, wo eine größere Öffentlichkeit zu erwarten war, in der zweiten Phase des Bahnhofsbaus (ca. 1850–1880) hoch repräsentative Empfangsgebäude geschaffen, zum Teil auch mit Sondereinrichtungen, wie etwa gesonderten Wartebereichen für Höchste und Allerhöchste Herrschaften (Fürstenbahnhof). Aber auch die Empfangsgebäude der „Provinzbahnhöfe“ wurden aufwändig gestaltet. Ein Beispiel für den Bahnhofstyp dieser zweiten Phase war der erste Bahnhof der Ludwig-Süd-Nord-Bahn in Nürnberg, der zweite Bahnhof in Nürnberg, der in neugotischem Stil errichtet wurde oder das alte, später an anderer Stelle ersetzte Empfangsgebäude in Würzburg. Ein noch betriebener Großbahnhof dieser Zeit ist Augsburg Hauptbahnhof.
1880 bis 1914[]
Der zunehmende Bahnverkehr sprengte die Dimensionen der in der Mitte des 19. Jahrhunderts entstandenen Bahnanlagen bereits am Ende des Jahrhunderts. Hinzu kam, dass in dieser Zeit die städtischen Zentren enorm expandierten und dort die „alten“ Bahnanlagen zu einem städtebaulichen Hindernis wurden. Deshalb wurden entweder nur die Empfangsgebäude ersetzt (z. B. in Nürnberg 1906 – dritter Nürnberger Bahnhof) oder aber der ganze Bahnhof an den (damaligen) Stadtrand verlegt: Frankfurt (Main) Hauptbahnhof, Wiesbaden Hauptbahnhof, Bahnhof Hamburg-Altona oder Karlsruhe Hauptbahnhof. Eine dritte Möglichkeit war, dass Bahnhöfe (einstmals) unterschiedlicher Bahngesellschaften in einem neuen zusammengefasst wurden (Leipzig Hauptbahnhof, Darmstadt Hauptbahnhof).
1914 bis 1960[]
Aufgrund der in diesem Zeitraum aufkommenden Konkurrenz zum Eisenbahnverkehr ist auch die Gestaltung des Bahnhofs auf Einsparungen im Betrieb gerichtet. Hierzu zählt vor allem das Beseitigen von Kopfbahnhöfen, die bei schneller werdendem Verkehr und der Umstellung auf lang laufende elektrische und dieselgetriebene Lokomotiven zunehmend ein betriebliches Hindernis darstellten. So wurden vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg zahlreiche Kopfbahnhöfe durch Neubauten ersetzt: Kempten Hauptbahnhof, Heidelberg Hauptbahnhof oder Braunschweig Hauptbahnhof, eine Tendenz, die sich weiter fortsetzte (Miltenberg Hauptbahnhof oder Ludwigshafen Hauptbahnhof) und bis heute fortsetzt (Stuttgart 21, Lindau Hauptbahnhof/Lindau-Reutin).
So bedeuteten die Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg für die Bahnhofskultur meist Rückbau, zum Teil auch einfach Verfall. Hinzu traten an manchen Stellen Neubauten von fragwürdiger architektonischer, baulicher oder verkehrlicher Qualität (z. B. Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe), mit historischen Gebäuden dagegen wurde lieblos umgegangen. So blieb beispielsweise in der Gleishalle des Hauptbahnhofs von Frankfurt (Main) 60 Jahre lang die „provisorische“, kriegsbedingt entstandene Bretterverkleidung der halben Dachfläche erhalten. Gerade in der Fläche verfielen Bahnhöfe nach Streckenaufgabe zusehends, die Empfangsgebäude oft auch an den noch betriebenen Strecken.
Neuere Entwicklungen[]
Zusammen mit der allmählichen aufkommenden Erkenntnis, dass der Abstieg der Eisenbahn in die Bedeutungslosigkeit verkehrspolitisch nicht wünschenswert ist, verstärkte sich im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts auch wieder das Interesse an Bahnhöfen.
Neubauten größerer Bahnhöfe gab es zwar nur wenige und sie erfolgten meist an den neuen Strecken des Hochgeschwindigkeitsverkehrs oder an Flughäfen. Vereinzelt wurden Bahnhöfe auch durch Neubau geringfügig verlegt. Häufiger waren Ersatzbauten an Stelle alter Empfangsgebäude, häufig unter Einbeziehung historischer Bausubstanz. Die mit Abstand häufigste Baumaßnahme war die Grundsanierung historischer Bahnhöfe, meistens unter völliger Entkernung, die mit einem Neubau vergleichbar ist. Nach Jahrzehnten der Unterfinanzierung wurde ab ca. 1990 in zahlreichen Ländern eine beispiellose Reihe von Kraftakten unternommen, um den Investitionsrückstau zu beseitigen.
Bei Neubauten oder Sanierungen werden in Empfangsgebäuden nahezu immer große Vermarktungsflächen geschaffen. Große Empfangsgebäude erwirtschaften für ihre Betreiber heute vor allem Geld als Gewerbeimmobilie, weniger als Verkehrsstation.
Die Entwicklung in der Fläche ist von Rationalisierungsmaßnahmen geprägt. Besonders bei privatisierten Eisenbahnen (z. B. DB), aber nicht nur dort (auch z. B. bei den SBB) werden die Gleisanlagen vieler Bahnhöfe stark verkleinert, auch Bahnhöfe zu Haltepunkten zurückgebaut. Die Besetzung von Bahnhöfen mit Personal endet häufig durch den Anschluss von Strecken an zentral gesteuerte elektronische Stellwerke. Fahrkarten werden dort ausschließlich an Automaten verkauft. Sicherheit und Sauberkeit sollen durch Videoüberwachung gesichert werden.
Auf der anderen Seite werden auch und gerade in der Fläche mit enormem Aufwand Bahnhöfe saniert. Dabei werden Bahnsteige auf Standardhöhe gebracht, um den niveaugleichen Einstieg zu ermöglichen, Aufzüge oder Flachrampen werden gebaut, um die Bahnsteige barrierefrei zugänglich zu gestalten, und – wo es vorher höhengleiche Gleisquerungen gab – werden Unterführungen gebaut.
Superlative[]
- Als von Reisenden meistfrequentierter Bahnhof der Welt gilt der Bahnhof Shinjuku in Tokio, praktisch ein reiner Pendlerbahnhof mit täglich 1 bis 4 Millionen Passagieren.
- Als von Zügen meistfrequentierter Bahnhof der Welt gilt der Hauptbahnhof in Zürich. Über 2.900 Züge passieren den Bahnhof täglich.
- Der älteste Bahnhof der Welt liegt in Stockton-on-Tees
- Der höchstgelegene Bahnhof der Welt: Tanggula, 5.068 Meter, an der Lhasa-Bahn: Golmud – Lhasa
- Der höchstgelegene Bahnhof Europas: Top of Europe, 3454 Meter, Jungfraubahn: Jungfraujoch – Schweiz
- Deutschlands höchstgelegener zweigleisiger Bahnhof befindet sich in Günzach auf 804m über NN
- Die größten Rangierbahnhöfe der Welt sind der Bahnhof Bailey Yard bei North Platte (Nebraska, USA), gefolgt vom größten europäischen Rangierbahnhof Maschen Rbf bei Hamburg.
- Die größte und längste Bahnsteighalle hat der Bahnhof Milano Centrale von 1931.
- Die größte Grundfläche besitzt mit 83.640 m² der Leipziger Hauptbahnhof.
- Die ältesten Bahnhöfe Deutschlands:
- Bahnhof Düsseldorf-Gerresheim (Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf), 1838
- Vienenburg (Niedersachsen, Landkreis Goslar), Bahnhofsgebäude aus dem Jahre 1840
- Niederau (Freistaat Sachsen), Bahnhofsgebäude am 15. Mai 1842 in Betrieb genommen.
- Der Leipziger Bayerische Bahnhof, mit seiner Inbetriebnahme im Jahr 1842, ist der älteste erhaltene Kopfbahnhof Deutschlands.
- das älteste noch in Betrieb befindliche Bahnhofsgebäude einer deutschen Großstadt steht in Augsburg. Es ging 1844 in Betrieb.
Siehe auch[]
Anmerkungen[]
- ↑ Betriebsvorschrift der ÖBB (DV V3): § 2 Begriffe (1) (a)
- ↑ Letzte Relikte dieser Reisendensicherung waren die – in Deutschland – erst in den 1970er Jahren abgeschafften Bahnsteigsperren.
- ↑ In Großbritannien lassen sich teilweise heute noch die Türen der Eisenbahnwagen von innen nicht öffnen (man muss vielmehr das Fenster öffnen, um den außen angebrachten Türgriff zu betätigen).
- ↑ In Syrien wird z. B. noch heute – auch jeder neu gebaute – Bahnhof von einer Mauer umgeben und sogar die Ein- und Ausfahrtsgleise durch verschließbare Tore gesichert.
Literatur[]
- Otto Blum: Personen- und Güterbahnhöfe. Zweite neubearbeitete Auflage von Dr.-Ing. habil. Kurt Leibrand. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg, 1961. (= Handbuch für Bauingenieurwesen)
- Prof. Berthold Grau: Bahnhofsgestaltung. Bände 1 und 2. Transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin (Ost) 1968.
- Mihály Kubinszky: Bahnhöfe Europas. Ihre Geschichte, Kunst und Technik. Franckh'sche Verlagshandlung, Stuttgart 1969.
- Jean Dethier: Die Welt der Bahnhöfe. Herausgeber: Centre National d'Art et de Culture Georges Pompidou/Centre de Création Industrielle und Staatliche Kunsthalle Berlin. Ausstellungskatalog. Elefanten-Press-Verlag, Berlin (West) 1980 (= EP: 47), ISBN 3-88520-047-3.
- Jean Dethier, Paul Delacroix, François-Xavier Bouchard (Fotos): Gares d'Europe. Neuilly S. E. (Denoël), Boulogne-sur-Mer: 1988, ISBN 2-207-23505-X. (Hervorragender Bildband in Französisch, auch für Leserinnen und Leser ohne französische Sprachkenntnisse informativ.)
- Dr. Gérard Blier: Nouvelle géographie ferroviaire de la France. Paris: La Vie du Rail. Tome (Band) I: Le réseau: structure et fonctionnement. 1991, ISBN 2-902808-34-8, Tome II: L'organisation régionale du trafic. 1993, ISBN 2-902808-43-7. (Hervorragendes Werk in Französisch unter anderem über französische Bahnhöfe aller Art mit schematischen Übersichtsplänen und vielen Fotos.)
- Bahnhöfe. München: GeraNova Verlag. (= Bahn Extra Nr. 53: 4/2001 August/September).
- Erich Preuss (Hrsg.): Das große Archiv der deutschen Bahnhöfe. GeraNova Zeitschriften-Verlag, München. Loseblattausgabe. ISSN 0949-2127
- Beatrice Sendner-Rieger: Die Bahnhöfe der Ludwigs-Süd-Nord-Bahn 1841–1853. Zur Geschichte des bayrischen Staatsbauwesens im 19. Jahrhundert. Deutsche Gesellschaft für Eisenbahngeschichte e. V., 1989, ISBN 3-921700-57-4.
- Clemens Niedenthal (Hg.): Bahnhöfe in Deutschland - Moderne städtische Zentren. JOVIS Verlag Berlin 2008, ISBN 978-3-939633-47-1
Weblinks[]
- Bahnhofsgebäude: Nutzungsweisen / Gebäude / Verkehrsbau
- Alte Fotos von Bahnhöfen
- Pläne der Empfangsgebäude und Bahnsteige großer deutscher Bahnhöfe
- Info-Datenbank der DB zu 5400 DB-Stationen
- BEG-Stationsdatenbank – Pläne der Publikumsanlagen aller bayerischen SPNV-Halte
- Gleispläne aller niederländischen und vieler anderer, insbesondere deutscher Bahnhöfe
Sprachversionen[]
- wikipedia:en:Train station
- wikipedia:es:Estación de ferrocarril
- wikipedia:fr:Gare ferroviaire
- wikipedia:it:Stazione ferroviaria
- wikipedia:nl:Spoorwegstation
Kopie vom 18. September 2009, Quelle: Wikipedia, Artikel, Autoren in der Wikipedia |
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